Trotz zähem Ringen kam kein Kompromiss zustande. Das bestätigte die US-Handelsbeauftragte Susan Schwab nach einem Verhandlungsmarathon. Die Beratungen scheiterten letztlich am Streit zwischen den USA und Indien über höhere Zölle zum Schutz armer Landwirte. Da alle 153 WTO-Staaten einem Kompromiss zustimmen müssen, sind die Gespräche gescheitert. Die 2001 in Doha begonnene WTO-Runde zum Abbau von Handelsschranken endete damit einmal mehr in der Sackgasse.
Chancen auf Einigung verspielt
Die Chancen für eine Einigung sind nach Einschätzung von Handelsexperten nun für längere Zeit verspielt: Wegen der Präsidentschaftswahl in den USA Ende Jahr und dem Amtswechsel der EU-Kommission Ende 2009 werde es dauern, bis ein neuer Anlauf genommen werden könne. Bis zuletzt war versucht worden, das Erreichte für spätere Beratungen zu retten. Am Freitag hatten sieben Verhandlungsführer der EU, den USA sowie aus Indien, China, Brasilien, Japan und Australien ein Kompromisspaket ausgearbeitet. Grosser Streitpunkt zwischen den USA und Schwellenländern wie Indien waren zuletzt Schutzmechanismen für Agrarprodukte. Diese sollten bei einem hohen Anstieg der Importe oder einem Preisverfall zur Anwendung kommen.
Ringen um Schwellenwert
Während Indien jedoch eine niedrige Schwelle forderte, ab der die Schutzmechanismen greifen sollten, stellten sich die USA diesem Vorhaben energisch entgegen und kritisierten, eine zu niedrige Schwelle könne protektionistisch ausgelegt werden. Kritik am bisherigen Verhandlungsverlauf war auch aus der EU gekommen. Italien und Frankreich sagten, ihnen genüge das bisher Erreichte nicht. Ein Versuch Frankreichs, unter anderem mit Italien, Polen, Ungarn und Litauen, eine Front gegen das Kompromisspaket zu schmieden, misslang, wie es hiess.
Leuthard «sehr enttäuscht»
Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard ist nach ihren eigenen Worten «sehr enttäuscht» über den Abbruch der Verhandlungen. «Wir waren nicht weit von einer Übereinstimmung», sagte sie. Dass zwei ungelöste untergeordnete Punkte die Diskussion zum Scheitern hätten bringen können, sei unverständlich. Auch der Wirtschaftsdachverband economiesuisse bedauert den Abbruch der WTO-Verhandlungen. In Genf sei eine Chance verpasst worden. Economiesuisse-Präsident Gerold Bührer sprach gegenüber der SDA von einem «schwarzen Tag» für die Schweizer Exportwirtschaft.
Den Bauern ist’s recht
Economiesuisse fordert, dass die laufenden bilateralen Freihandelsverhandlungen nun umso rascher vorangetrieben werden müssten. Die Schweiz müsse das bestehende Netz mit weiteren Abkommen ausbauen. Der Schweizerische Bauernverband reagiert erleichtert über das Scheitern der WTO-Verhandlungen. «Besser kein Abschluss als ein schlechter Abschluss», sagte Bauernverbands-Präsident Hansjörg Walter auf Anfrage.
Ideensuche
Für die Bauernfamilien weltweit sei die Doha-Runde unakzeptabel, sagte Walter. Man sei nun am Überlegen, ob die Bauernverbände weltweit neue Vorschläge für die Doha-Runde machen wollten. Der Bauernverband hofft, dass die WTO die Zwangspause nutzt. Leuthard sagte dazu, man müsse auch langfristig denken. Die Bauern müssten nach neuen Ideen suchen und Produkte mit Qualität entwickeln, und nicht nur auf staatliche Hilfe zählen. (awp/mc/ps/29)