Einzig die Tatsache, dass Senn nur wenig Erfahrung an der Geschäftsfront habe, könnte einige Fragezeichen hervorrufen, kommentierte der Versicherungsanalyst eines Schweizer Brokers am Freitag die Ankündigung vom Vorabend. «Aus unserer Sicht ist die Ernennung von Martin Senn eine solide schweizerische Wahl für eine globale Versicherungsgesellschaft mit Schweizer Wurzeln», schrieb die Bank Vontobel. Die Ernennung des Nachfolgers bedeute zudem ein Ende der Unsicherheit, die in den letzten Wochen geherrscht habe. Intern scheine der neue Konzernchef keine Überraschung zu sein.
Lehmann hat das Nachsehen
Überrascht diesbezüglich zeigt sich hingegen die Zürcher Kantonalbank (ZKB): Als interner Kandidat sei in den Erwartungen der Aussenstehenden vor allem Risikochef Axel Lehmann im Vordergrund gestanden. Auch habe es Spekulationen über einen langjährig erfahrenen Versicherungsmann aus dem angelsächsischen Raum gegeben, schrieb ZKB-Analyst Georg Marti. Im Gespräch waren in den Medien als interne Kandidaten zuletzt neben Senn und Lehmann auch Finanzchef Dieter Wemmer, Lebensversicherungschef Mario Greco, Europa-Sachversicherungschefin Annette Court sowie die ehemalige Converium-Geschäftsführerin Inga Beale. Die «SonntagsZeitung» hatte in ihrer letzten Ausgabe geschrieben, Lehmann sei der grosse Favorit.
Keine Abgänge befürchtet
Nun müsse der Konzern es schaffen, die Enttäuschung der Kandidaten zu managen, die nicht zum Zuge kamen, schrieb ein Analyst. Zurich-Verwaltungsratspräsident Manfred Gentz befürchtet keine Abgänge: «Ich bin zuversichtlich, dass dieses sehr starke Team hochqualifizierter Leute weiterhin zusammenbleibt und kooperiert wie in der Vergangenheit», sagte Gentz in einer Telefonkonferenz. Senn habe die volle Unterstützung jedes Konzernleitungsmitglieds, sagte Konzernchef James Schiro, der Ende Jahr in Ruhestand geht: «Ich habe mit jedem Einzelnen persönlich gesprochen.»
Zweijähriger Auswahlprozess
Senns Ernennung zum Nachfolger von Schiro sei die Folge eines zweijährigen Auswahlprozesses gewesen, sagte Gentz. Senn habe ein tiefes Verständnis der komplexen Strukturen und Entwicklungen im Versicherungsgeschäft. Als Anlagechef der Zurich, der für ein Portfolio von 180 Mrd. bis 200 Mrd. Dollar Verantwortung trage, kenne er alle Details. Zudem wollte der Verwaltungsrat einen neuen Konzernchef, der die Fähigkeit habe, multikulturelle Teams zu führen und auf die erfolgreiche Strategie von ZFS auszurichten. Senn hat in Europa, Nordamerika und Asien gearbeitet. Dort habe er gezeigt, dass er den Mitarbeitenden zuhören und sie erfolgreich leiten könne, sagte Gentz.
Lange Karriere bei Grossbanken
Bevor Senn im Jahre 2006 zur Zurich kam, arbeitete er drei Jahre als Anlagechef für den Versicherer Swiss Life. Davor war er Jahrzehnte für die Grossbanken Credit Suisse und den mittlerweile in der UBS aufgegangenen Schweizerischen Bankverein tätig. Senn sicherte an der Telefonkonferenz zu, an der erfolgreichen Strategie der Zurich festhalten zu wollen: «Wir wollen eine starke Bilanz, unabhängig davon, in welchem Marktzyklus wir sind.»
ZFS-Titel bleiben über Gesamtmarkt
Er glaube nicht, dass die jüngsten Rallys an den Aktienmärkten und die Abnahme bei den Risikoaufschlägen einfach so weitergehen würden. Es wäre deshalb falsch, eine aggressivere Anlagestrategie einzuschlagen. An der Schweizer Börse notierte die Aktie bis um 12.40 Uhr um rund 0,4% tiefer auf 217,70 CHF. Derweil lag der Gesamtmarkt SMI mit rund 0,85% im Minus. (awp/mc/ps/34)