«10vor10»: Bundesanwaltschaft erneut in der Kritik

«10vor10»: Bundesanwaltschaft erneut in der Kritik

Geldwäscherei-Experte Daniel Thelesklaf.

Zürich – «10vor10»-Recherchen zeigen, dass die Bundesanwaltschaft nur an umfangreiche Bankdaten gelangte, weil die Tamil Tigers der Drogengeldwäsche verdächtigt wurden. Ein Verdacht, der sich als falsch erwiesen hat. Der Bundesanwaltschaft droht nun eine erneute Schlappe, weil sie diese Bankdaten möglicherweise nicht als Beweise verwerten darf.

Im Januar 2011 liess die Bundesanwaltschaft in einer national koordinierten Aktion zehn Exponenten der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) verhaften. Nebst Geldwäscherei und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation werden den Tamil Tigers Spendengeld-Erpressung und erzwungene Kreditaufnahmen mit gefälschten Lohnausweisen vorgeworfen. Mit dem Geld soll insbesondere Kriegsmaterial für den Kampf in Sri Lanka gekauft worden sein.

Verdacht: Drogengeld waschen
Im Dezember 2009 gingen an der Schweizer Grenze zwei tamilische Geldkuriere ins Netz. Mit dabei hatten sie 120’000 Euro und einige Kreditverträge der Bank-now in Horgen. Darauf hat der zuständige Staatsanwalt der Bundesanwaltschaft, Patrick Lamon, Vertreter der Bank persönlich an einer Sitzung informiert. Die Bank-now erstattete dann prompt eine Verdachtsmeldung an die Meldestelle für Geldwäscherei: «Die Bundesanwaltschaft teilte uns des weiteren mit, dass sie davon ausgehe, dass die Bank now von tamilischen Kreisen benutzt werde, um Gelder zu waschen, die einen verbrecherischen Hintergrund (Drogenhandel) haben sollen.» Doch dann teilte derselbe Patrick Lamon von der Bundesanwaltschaft in einem Schreiben an den Rechtsanwalt der Tamil Tigers überraschend mit: «Ich bestätige Ihnen, dass die Bundesanwaltschaft nie ein Strafverfahren gegen Ihren Klienten oder andere Angehörige der tamilischen Gemeinschaft wegen direkter oder indirekter Verbindungen zum Drogenhandel eröffnet hat.»

«Ungewöhnliche Wege» der Bundesanwaltschaft
Daniel Thelesklaf, Geldwäscherei-Experte und früherer Chef der Meldestelle Geldwäscherei bei der Bundespolizei, sagt gegenüber «10vor10», er glaube nicht, dass die Bank die Daten ohne den Verdacht der Drogengeldwäsche herausgegeben hätte. Zum Vorgehen der Bundesanwaltschaft sagt Thelesklaf: «Man hat offenbar versucht, an diese Informationen heranzukommen und ist ungewöhnliche Wege gegangen.» Das sei manchmal nicht anders möglich beim Ermitteln gegen terroristische oder kriminelle Organisationen. «Aber illegal darf der Weg nie sein», so Thelesklaf weiter. Wenn die Bundesanwaltschaft den Drogengeld-Verdacht erfunden habe, sei das «klar nicht zulässig.» Zudem wäre die Verwertbarkeit der Beweise in Frage gestellt. Die Bundesanwaltschaft wollte konkrete Fragen nicht beantworten, sondern teilte «10vor10» nur mit, sie sei «in keinem Verfahrensstadium» davon ausgegangen, dass es sich beim Vorwurf der Geldwäscherei um Drogengelder handle. Die Bank-now wollte überhaupt keine Fragen beantworten. (SRF/mc/ps)

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