Bern – Das Coronavirus breitet sich in der Schweiz wieder stärker aus. Innert eines Tages hat sich die Zahl der neu gemeldeten Neuansteckungen mehr als verdoppelt. Als Präventionsmassnahmen hat der Bundesrat deshalb ab Montag eine Maskentragpflicht im öffentlichen Verkehr beschlossen und die Einreisebestimmungen verschärft.
«Wir haben in den letzten Tagen gesehen, wie schnell sich das Virus wieder ausbreiten kann», sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. Es brauche eine neue Balance zwischen Vorschriften und Lockerheit. Man dürfe nicht überreagieren, aber auch nicht zu lange zuwarten.
Die Maskenpflicht gilt für Personen ab zwölf Jahren in Zügen, Trams und Bussen, Bergbahnen, Seilbahnen und auf Schiffen. Bisher gab es im öffentlichen Verkehr die dringende Empfehlung, zu Stosszeiten eine Maske zu tragen. Diese wurde aber wenig befolgt.
Es habe dem Bedürfnis mehrere Kantone sowie von Transportunternehmen entsprochen, eine solche Pflicht national einzuführen, sagte die Bundesrätin. Denn der öffentlichen Verkehr sei schliesslich ein über das ganze Land verteiltes Netz. Entsprechend positiv reagierten die Kantone.
Quarantäne bei Einreise
Der Bundesrat will auch der erneuten Einschleppung des Virus aus dem Ausland Einhalt gebieten: Ab Montag muss sich für zehn Tage in Quarantäne begeben, wer aus gewissen Gebieten in die Schweiz einreist. Welche Länder auf dem Index stehen, steht noch nicht fest. Gesundheitsminister Alain Berset nannte Schweden und Serbien als mögliche Risikoländer.
Vor dem Hintergrund zahlreicher Ansteckungen in Bars und Clubs nahm Bundespräsidentin Sommaruga auch die Kantone in die Pflicht. Diese müssten handeln, wenn Betreiber gegen die Vorschriften verstiessen.
Superspreader-Fall weitet sich aus
Von Dienstag auf Mittwoch wurden dem BAG 137 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus gemeldet. Das ist mehr als das Doppelte der am Vortag gemeldeten 62 Fälle. Zudem ist es das erste Mal seit Anfang Mai, dass die Zahl wieder über die hunderter Marke gestiegen ist.
Zur Zunahme beigetragen haben unter anderem auch sogenannte Superspreader-Events in Clubs. Ein derartiger Fall in einem Zürcher Club zog inzwischen Kreise bis in Lokale in Aargau und Solothurn.
Weil zahlreiche Besucherinnen und Besucher in dem Zürcher Club falsche Namen und Adressen hinterlegten, müssen die Veranstalter ab Freitag neu Identitätskarten verlangen und Handynummern überprüfen, wie die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) bekannt gab.
Auch an diversen Schulen sind neue Corona-Fälle bekannt geworden. So haben etwa für 240 Schüler der Sekundarschule in Bassecourt JU die Sommerferien vorzeitig begonnen, weil ein Lehrer positiv auf Covid-19 getestet worden ist. Auch für einen Teil der Urner Schülerinnen und Schüler beginnen die Sommerferien eineinhalb Tage früher. Hier war aber eine Ansteckung im Umfeld eines Schulkindes Grund dafür.
Selbständige erhalten länger Erwerbsersatz
Parallel zu den neuen Einschränkungen beschloss der Bundesrat an seiner Sitzung eine Reihe von wirtschaftlichen Begleitmassnahmen: So können direkt oder indirekt von der Corona-Krise betroffene Selbständigerwerbende – wie von Parlamentskommissionen und der Veranstaltungsbranche gefordert – bis Mitte September Erwerbsausfallentschädigung beziehen.
Auch die Kurzarbeitsentschädigung wird von zwölf auf achtzehn Monate verlängert. Damit will die Regierung einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit entgegenwirken. (awp/mc/pg)