Zürich – Wie halten sich Unternehmen und Individuen fit für die digitale Transformation? Wie bewahren Organisationen ihre Widerstandskraft und Agilität, um für Veränderungen bereit zu sein? Mit solchen Fragestellungen richtete die Schweizerische Gesellschaft für Organisation und Management SGO an ihrer 42. Herbsttagung den Blick in die Zukunft.
Der Wandel durch die Digitalisierung ist unbestritten, unausweichlich und durchaus positiv. Wandel bedeute immer eine Vielfalt von Möglichkeiten, gleichzeitig aber auch ein Mangel an Orientierung, wie Markus Sulzberger, Präsident der SGO, in seinen Eröffnungsworten meinte. Für Sulzberger ist Führung in Unternehmen auch in Zukunft nötig. Die Frage ist, welche Werthaltungen die Führung benötigt, um im radikalen Wandel zu bestehen. Welches ist die Stellung des Menschen in der digitalen Welt? In welchen Bereichen benötigen Unternehmen Unterstützung von der Gesellschaft und Politik?
Wie dem Wandel begegnet werden kann, haben rund 160 Teilnehmende an der SGO-Tagung diskutiert. Diese haben in vier Workshops zu den Themen
- ‚Der Mensch im digitalen Umfeld’,
- ‚Die gesunde Organisation’,
- ‚Businessmodelle – Disruption durch neue Technologien’ und
- ‚Herausforderungen für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft’
ihre eigenen Erfahrungen zum Wandel ausgetauscht und Erkenntnisse vertieft. Inputs lieferten vier Referenten. Ein Bereich der sich radikal wandeln wird, sei die Mobilität, führt Monika Ribar, Präsidentin des Verwaltungsrates der SBB AG in ihrem Referat aus. Die Situation sei vergleichbar mit dem Zeitpunkt des Wandels vom Pferd zum Auto. Eine Herausforderung sei die Entwicklung von selbstfahrenden Autos, die den Vorteil der Bahn – arbeitend unterwegs zu sein – zunichte machen wird. Auch die Lastwagen werden künftig leiser, im Convoi fahren und damit das Nachtfahrverbot hinfällig machen, meint Ribar. Gleichzeitig ist sie aber überzeugt, dass die Bahn auch künftig das Verkehrsmittel der Massen sein wird. Aufgabe der SBB wird es aber sein, den Transport nicht nur von Bahnhof zu Bahnhof, sondern von A nach B sicherzustellen und die letzte Meile ins Angebot einzubinden.
Die Umwälzungen in der Mobilität beschäftigen auch Susanne Hahn, Director Business Innovation & Head of Lab1886 Global bei Daimler AG. Als Leiterin des Startup-Bereiches im Daimler-Konzern ist es ihre Aufgabe, neue Geschäftsmodelle zu identifizieren und auf die Strasse zu bringen. Konkret kann dies jedoch auch in der Luft sein, wie etwa mit dem Volocopter, einem autonom fliegenden Helikopter, der Personen oder Waren transportiert. Die Kunst bestehe darin, in der Führung das Beste aus der Konzernwelt und die Mentalität von Startups zu vereinen, beschreibt sie die täglichen Herausforderungen.
„Glauben sie nicht allzu schnell, dass wir uns in Zeiten des radikalen Wandels befinden“, warnt Dr. Stefan Kühl, Professor für Organisationssoziologie an der Universität Bielefeld, das Plenum. Im Vergleich zur Einführung des Kapitalismus sei die heutige Situation ein Klacks. Er relativiert auch den Wandel der Organisationsformen. Managementmodelle würden sich alle zehn bis 15 Jahre wiederholen. Diese Äusserung bekräftigt er mit dem Geständnis, dass sein vor kurzem erschienenes Buch bereits vor 30 Jahren erschienen sei. „Ich aktualisiere jeweils nur die Begriffe.“ Gleichzeitig zeigt er auf, dass Managementmodelle wie Sprichworte funktionieren: zu jedem Sprichwort gibt es auch ein Gegensprichwort.
Dass der digitale Wandel nur eine Vorstufe ist des radikalen Wandels, der durch die Künstliche Intelligenz ausgelöst wird, legt Jürgen Schmidhuber, Scientific Director am Swiss AI Lab IDSIA, Professor of AI, USI & SUPSI Switzerland, Co-Founder & Chief Scientist der Firma NNAISENSE dar. Was heute in Form von Vernetzungen und als Spracherkennungs- und Übersetzungshilfen in den Smartphones steckt, werde in naher Zukunft in der Verknüpfung von Maschinen resultieren, was sich auf die Wirtschaft auswirken wird. Um die Maschinen klüger zu machen, gebe man ihnen die Freiheit, sich selber Ziele zu setzen, womit die Künstliche Intelligenz irgendwann intelligenter sein wird als der Mensch. Was in der Konsequenz die Menschheit zu einer Fussnote der Weltgeschichte macht.
SGO
Die Schweizerische Gesellschaft für Organisation und Management (SGO) blickt auf eine über 50- jährige Tradition im Bereich des Managements und der Organisation zurück. Die im Jahr 2000 gegründete SGO-Stiftung fördert junge Talente und unterstützt die Forschung und Entwicklung in den Bereichen Organisation, Betriebswirtschaft und Führung an Universitäten und Hochschulen in Europa. Als der führende Schweizer Anbieter von Organisations- und Management-Wissen bearbeitet die SGO organisatorische Themen und bietet eine Vielzahl von Netzwerkgefässen (Communities of Practice) an, in denen der Erfahrungsaustausch unter Fachleuten der Privatwirtschaft und der öffentlichen Verwaltung gepflegt wird und thematische Inhalte weiterentwickelt werden. Des Weiteren bietet die Organisation umfangreiche Schulungen und Weiterbildungen an, insbesondere mit Tagungen, Seminaren, Arbeitsgesprächen und Kursen. Die SGO fördert zudem den wissenschaftlichen Diskurs, indem sie eine enge Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen, Fachverbänden und ähnlichen Vereinigungen des In- und Auslandes anstrebt.