Bundesrat will bei der IV weniger sparen

Didier Burkhalter

Innenminister Didier Burkhalter.

Bern – Die Reformen der Invalidenversicherung (IV) greifen. Der Bundesrat buchstabiert deshalb beim letzten Schritt der Sanierung des Sozialwerks zurück: Er will mit der zweiten Etappe der 6. IV-Revision nur noch 325 statt 800 Mio CHF einsparen.

Die Lage der IV hat sich laut Sozialminister Didier Burkhalter dank den Reformen der letzten Jahren stark gebessert: 2010 seien nur noch halb so viele neue Renten gesprochen worden wie 2003, und zwischen 2007 und 2010 habe die Zahl der Wiedereingliederungen in den Arbeitsmarkt um zwei Drittel zugenommen. Mit Inkrafttreten der ersten Etappe der 6. IV-Revision nächstes Jahr sollen sich diese Trends noch verstärken. Eine wichtige Rolle spielt dabei laut Burkhalter auch der neue Finanzierungsmechanismus, dank dem die IV im Gegensatz zu heute voll von den erzielten Einsparungen profitiert.

Umstrittene Kürzung bereits laufender Renten
Der Bundesrat habe alle diese positiven Entwicklungen bei seinen jüngsten Entscheiden berücksichtigt, sagte Burkhalter am Freitag vor den Medien in Bern. «Wir können deshalb die Sanierung ein wenig schneller und mit etwas weniger einschneidenden Massnahmen durchführen.» Politisch am umstrittensten ist dabei die Kürzung bereits laufender Renten. Realisiert werden sollen die Kürzungen durch den Übergang vom heutigen System der Viertelsrenten zu einem stufenlosen Rentensystem. Dadurch soll der Fehlanreiz eliminiert werden, wegen der Gefahr von Rentenkürzungen auf eine Teilzeitarbeit zu verzichten.

Vollrente künftig erst ab Invaliditätsgrad von 80 Prozent
Von den heute ausgerichteten 280’000 Renten sollen mit dem neuen System rund 41’000 gekürzt werden. Effektiv weniger Geld erhalten werden 26’000 Personen. Die anderen werden dank Ergänzungsleistungen unter dem Strich finanziell nicht schlechter gestellt als bisher. Betroffen sind vor allem Rentner mit einem Invaliditätsgrad zwischen 70 und 79 Prozent, denn eine Vollrente soll es in Zukunft erst ab einem Invaliditätsgrad von 80 Prozent statt wie heute ab 70 Prozent geben. Die IV-Rechnung soll dank der Rentenkürzungen ab 2015 um jährlich 150 Mio CHF entlastet werden. Letzten Juni hatte der Bundesrat ein Modell vorgeschlagen, das für 40 Prozent der IV-Bezüger (rund 110’000) eine Rentenreduktion gebracht hätte. Das Sparpotenzial dieser Massnahme hatte der Bundesrat auf 400 Mio CHF veranschlagt.

Linke drohen mit Referendum
In der Vernehmlassung erntete der Bundesrat dafür scharfe Kritik, von den Kantonen aber vor allem von den Behindertenverbänden und der Linken, welche mit dem Referendum drohen. Burkhalter, der noch letzten Februar das ursprüngliche Sparziel von 800 Mio CHF verteidigt hatte, wich Fragen aus, inwieweit die Regierung mit ihren Anpassungen der Kritik Rechnung trug. Für den Bundesrat sei klar, dass im Parlament eine schwierige Debatte bevorstehe. Die nun vorgelegten Revisionsvorschläge seien aber etwas weniger streng als zunächst geplant. Ausserdem werde die Sanierung der IV schneller erreicht als bisher vorgesehen, sagte Burkhalter. An die Adresse der Linken sagte Burkhalter zudem, dass der IV bis zum Abschluss der Sanierung dank der Mehrwertsteuer und der Übernahme der Schuldzinsen durch den Bund 15 Mrd CHF Mehreinnahmen zugeführt werden.

Vollständiger Schuldenabbau bis 2025
Würde die zweite Etappe der 6. IV-Revision wie vom Bundesrat geplant umgesetzt, könnte die IV den Ende 2010 angehäuften Schuldenberg von knapp 15 Mrd bis 2018 auf 9 Mrd CHF und bis 2025 vollständig abbauen. Damit würde der bisherige Zeitplan um drei Jahre unterboten. Neben einer Serie weiterer Massnahmen, die zusammen mit dem neuen Rentensystem ab 2015 jährliche Einsparungen von insgesamt 325 Mio CHF bringen sollen, enthält die Revisionsvorlage des Bundesrats auch eine Reihe neuer Verfahrensvorschriften, etwa zu besseren Betrugsbekämpfung. Sie enthält zudem Regeln, wie und ab welchem Zeitpunkt der Bund eingreifen muss, wenn die IV finanziell in Schieflage gerät. (awp/mc/upd/ps)

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