Bern – Mehlwürmer, Grillen und Wanderheuschrecken können ab Mitte 2017 legal auf Schweizer Tellern landen. Der Bundesrat hat grünes Licht gegeben für den Handel und Verkauf von Insekten. Geregelt ist das in einem Teil des neuen Schweizer Lebensmittelrechts.
Fast drei Jahre nach der Verabschiedung des Lebensmittelgesetzes durch das Parlament setzt die Regierung dieses und damit einhergehende Verordnungen per 1. Mai 2017 in Kraft, wie es in einer Mitteilung vom Freitag heisst. Das neue Recht erhöhe die Transparenz, schütze die Bevölkerung besser vor Täuschung und vereinfache den Handel.
Innovationen fördern
Bisher benötigten alle im Lebensmittelrecht nicht erwähnten Lebensmittel eine Bewilligung. Neu dürfen sie verkauft und gehandelt werden, sofern sie sicher sind und den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
Eine Zulassungspflicht sorge bei neuartigen Lebensmitteln wie beispielsweise Proteinextrakten aus Insekten dafür, dass die Sicherheit gewährleistet sei, schreibt der Bundesrat. Gegen diesen Punkt gab es kaum Opposition in der Vernehmlassung zum Lebensmittel-Verordnungspaket.
Dieser Wechsel fördert laut dem Bundesrat die Innovation: Neue Produkte kommen schneller auf den Markt, und administrative Hürden fallen weg. Zudem gleiche die Schweiz ihre Regelungen jenen der EU an, was Handelshemmnisse abbaue. Damit schaffe das neue Recht verschiedene Vorteile für Gewerbe und Handel.
Bessere Deklaration
Von einer klareren Deklaration von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen würden auch die Konsumentinnen und Konsumentinnen profitieren, schreibt der Bundesrat. Bei vorverpackten Lebensmitteln zum Beispiel werden die Nährwerte angegeben, bei Fleisch und Fisch ist die genaue Herkunft deklariert. Zudem werden bei Lebensmitteln im Offenverkauf Allergene besser angegeben.
Das alles soll auch für den Onlinehandel gelten. Im Netz müssen gemäss dem neuen Recht «alle relevanten Informationen» zur Verfügung stehen. Neue Regeln gelten auch für Kosmetika und weiteren Gebrauchsgegenständen: Gezielte Rückrufe werden möglich, weil die einzelnen Produkte besser rückverfolgt werden können – so wie heute schon bei den Lebensmitteln.
Umstrittene Kennzeichnung
Die Kennzeichnung der Nährwerte und die Allergiehinweise wurden in der Vernehmlassung kritisch beurteilt. Viele Regeln seien praktisch nicht umsetzbar, monierte etwa der Kantonschemikerverband.
«Die vorgesehenen Regulierungen sind teuer und bringen keinen Mehrwert für die Konsumenten», kritisierte das Konsumentenforum. Deshalb soll für die Deklarationsvorschriften eine Übergangsfrist von vier Jahren gelten, um die Kosten für die Anpassungen von Verpackungsmaterial minimal zu halten.
Selbstkontrolle möglich
Das revidierte Recht regelt auch die Lebensmittelkontrollen: So profitieren kleine Betriebe bis maximal neun Personen von Vereinfachungen bei der Selbstkontrolle, was laut Bundesrat ihren administrativen Aufwand reduziert. Weitere Ausnahmen für das Gewerbe verfolgen dieselbe Absicht.
Die Kontrollfrequenzen bei meldepflichtigen oder bewilligungspflichtigen Betrieben werden schweizweit harmonisiert. Die Kontrollbehörden haben dabei die Möglichkeit, in besonders leichten Fällen bei einer Beanstandung auf eine Gebühr zu verzichten.
Unterstützung bei Einführung
Die Revision des Lebensmittelrechts hat einen langen Weg hinter sich. Bereits im Sommer 2014 hatte das Parlament das Gesetz verabschiedet. Im Anschluss hat der Bund das Verordnungsrecht überarbeitet, dies unter Einbezug der Anliegen der betroffenen Kreise.
Der Bund versuchte im Anschluss, ein Gleichgewicht zu finden zwischen den Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten sowie der Wirtschaft, wie er schreibt. Bei der Einführung der neuen Regelungen wird das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) die Branchen und die Kantone begleiten und unterstützen. (awp/mc/ps)