Aarau – Die Delegierten der SVP Schweiz haben sich klar hinter die umstrittene Gesundheitsreform gestellt. Sie fassten an ihrer Versammlung am Samstag in Aarau mit 248 zu 90 Stimmen die Ja-Parole zur Abstimmungsvorlage. Damit scheiterte der Parteivorstand mit seinem Antrag auf Stimmfreigabe.
Der Entscheid für die Ja-Parole zur Abstimmungsvorlage vom 24. November fiel nach einer einstündigen Diskussion. Zwei Dutzend Rednerinnen und Redner meldeten sich zu Wort. Die Partei tat sich offensichtlich schwer, ihren Standpunkt zu finden.
Den Antrag des Parteiausschusses auf Stimmfreigabe lehnten die Delegierten in einer ersten Abstimmung ab – und zwar mit 241 zu 93 Stimmen. «Die SVP ist bekannt, dass sie eine Meinung hat», sagte ein Delegierter: «Stimmfreigabe ist keine Haltung.» Dafür erntete er Bravorufe.
Im Nationalrat und im Ständerat hatten die SVP-Parlamentarier der Vorlage für eine einheitliche Finanzierung aller ambulanten und stationären Gesundheitsleistungen (Efas) zugestimmt. Die Parteileitung machte sich im Vorfeld der Delegiertenversammlung jedoch für die Nein-Parole stark.
SVP intern gespalten
Einen Tag vor der Versammlung einigte sich der Parteivorstand auf Stimmfreigabe. Der Antrag sei von ihm gekommen, sagte Parteipräsident Marcel Dettling. Es gehe darum, Brücken zu schlagen, weil man «intern stark gespalten» sei. Umfragen zeigten, dass auch die Bevölkerung gespalten sei, hielt er fest.
Sechs kantonale Gesundheitsdirektoren mit SVP-Parteibuch machten sich zuvor in einem offenen Brief stark für die Ja-Parole. Der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) hatte das Referendum gegen die Vorlage ergriffen.
«Nicht mit Linken ins Bett legen»
Die Diskussion an der SVP-Versammlung zur Efas-Vorlage verlief engagiert – obwohl es sich praktisch um das letzte Traktandum nach der Mittagspause handelte. Mehr Befürworter als Gegner wollten ans Mikrofon.
Es müssten Fehlanreize beseitigt werden, sagte Ständerat Hannes Germann (SH). Wer Nein stimme, renne der Einheitskasse hinterher. Nationalrat Benjamin Fischer (ZH) setzte sich ebenfalls für die Reform ein. Es gebe jetzt einen Kompromiss. Die SVP solle sich «nicht mit den Linken ins Bett legen». Die Linken seien gegen jede Reform.
Auch Nationalrätin Martina Bircher (AG), ein Sprecher der jungen SVP und alt Nationalrat Toni Bortoluzzi (ZH) sowie Nationalrätin Verena Herzog (TG) warben für die Reform. Zudem kämpften weitere Nationalrätinnen für die Ja-Parole.
Parteibasis will Veränderung
Ein Delegierter sagte: «Es muss irgendetwas gemacht werden. Es kann so, wie es jetzt ist, nicht weitergehen.» Weitere Delegierte setzten sich für die Reform ein.
Gegen die Reform sprach sich Nationalrat Andreas Glarner (AG) aus. Es werde nicht billiger. Die Kantone wollten sparen, und die Prämien würden steigen. Nationalrat Rémy Wyssmann (SO) betonte, das linke Bürokratiemonster Krankenversicherungsgesetz müsse abgeschafft werden. Deshalb solle die Reform abgelehnt werden.
Der Obwaldner Regierungsrat Daniel Wyler sagte, ihm fehle der Glaube, dass die Reform zu Verbesserungen führen werde. Ein Delegierter wies darauf hin, dass die Kosten insgesamt nicht sinken würden. Es handle sich um eine Umverteilungsvorlage, sagte ein Delegierter.
Drei Ja zu weiteren Vorlagen
Klare Sache waren die Parolen zu den drei weiteren Abstimmungsvorlagen vom 24. November. Die Delegierten folgten den entsprechenden Anträgen des Parteivorstands.
Mit einer Gegenstimmen fassten die Delegierten die Ja-Parole zum Ausbauschritt für die Nationalstrassen. Die Delegierten stellten sich auch einhellig hinter die beiden Mitrechts-Vorlagen zur Untermiete und Kündigung wegen Eigenbedarfs. Damit unterstützt die SVP alle vier Vorlagen der kommenden eidgenössischen Abstimmung. (AWP/mc/pg)