Abzockerinitiative hat keine Auswirkungen auf Vergütungen
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Zürich – Die im Nachgang zur Minder-Initiative erlassene Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) hat bisher keine Auswirkungen auf die Entschädigung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Die Bedingungen für die Verwaltungsräte haben sich jedoch gegenüber dem Vorjahr verschlechtert. Nur noch 44 Prozent der Befragten fühlen sich heute in ihrer Rolle als VR-Mitglied gut. Zu diesem Schluss kommt eine repräsentative Umfrage des Executive Search Unternehmens Knight Gianella unter Verwaltungsratsmitgliedern über die Auswirkungen der gesellschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen auf die Tätigkeit von Verwaltungsräten.
80 Prozent der Befragten erklärten, dass die VegüV keine Auswirkungen auf die Entschädigung der Verwaltungsräte und der Geschäftsleitungen hat. „Nach den heftigen öffentlichen Diskussionen um die Vergütungen für Verwaltungsräte und Konzernleitungsmitglieder kommt dieses Umfrageergebnis überraschend“, sagt Sandro V. Gianella, Partner von Knight Gianella. Gleichzeitig macht die Umfrage aber auch deutlich, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Verwaltungsräte gegenüber dem Vorjahr weiter verschlechtert haben. Vor der Umsetzung der Minder-Initiative war die persönliche Befindlichkeit der Verwaltungsräte zu 59 Prozent positiv. Heute äussern sich noch 44 Prozent positiv. Und in Zukunft rechnen nur noch 36 Prozent mit einer guten Befindlichkeit.
Zeitaufwand und gesellschaftlicher Druck haben sich erhöht
Die Gründe für diese Entwicklung liegen in der starken Zunahme der relevanten Regulierungen als Folge der Minder-Initiative und im geringen Vertrauen der Öffentlichkeit in die Tätigkeit von Verwaltungsräten. „Dadurch haben sich der Zeitaufwand und der gesellschaftliche Druck auf die Verwaltungsräte stark erhöht“, so Sandro V. Gianella, „was sich in den Kompensationsansprüchen entsprechend niederschlägt.“
Beklagten vor einem Jahr 41 Prozent den hohen Zeitaufwand für die Erfüllung ihrer Verwaltungsratsmandate, sind es heute bereits 87 Prozent der Befragten. Ebenso stark zugenommen haben der Druck zu kommunizieren und der Reputationsdruck. Insgesamt wird die zunehmende Einflussnahme der Öffentlichkeit, der Politik, der Medien und der Aktionäre von 59 Prozent der Befragten als negativ beurteilt (Vorjahr 45 Prozent).
Einfluss der Aktionäre wird grösser
Nach Meinung der befragten Verwaltungsräte wurde der Einfluss der Aktionäre in den letzten Jahren klar grösser und wird gemäss 73 Prozent der Befragten noch steigen. Einig sind sich praktisch alle Befragten (93 Prozent), dass auch die Bedeutung der Stimmrechtsberater in Zukunft weiter zunehmen wird. Fast alle befragten VR-Mitglieder (97 Prozent) erachten eine nachhaltige Unternehmensstrategie als wichtig, eine grosse Mehrheit (73 Prozent) fühlt sich allerdings – auch ausgelöst durch die Erwartungen der Aktionäre – stark dem Diktat der Quartalsergebnisse unterworfen.
Geschlechterquote nur bedingt umsetzbar
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Geschlechterquote von 30 Prozent Frauen für Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungs-Gremien halten die befragten Verwaltungsräte nur bedingt für umsetzbar. 38 Prozent glauben, dass die Quote in den Verwaltungsräten umgesetzt werden kann. Nur 9 Prozent sind jedoch der Ansicht, dass diese Vorgabe auch in den Geschäftsleitungen durchsetzbar ist. Ein Drittel ist der Meinung, dass die Übergangsfrist von 5 Jahren verlängert werden muss.
Der Knight Gianella VR-Stimmungsbarometer zeigt, dass trotz den schwierigeren Rahmenbedingungen wie im Vorjahr 55 Prozent der befragten Mandatsträger bereit sind, sich in börsenkotierten Unternehmen als Verwaltungsrat zu engagieren. Bei den nicht kotierten Unternehmen beträgt die Bereitschaft sogar 62 Prozent, jedoch mit abnehmender Tendenz gegenüber 2014. Als positiv werden die Faktoren Gestalten, Einflussnahme und strategisches Arbeiten bezeichnet.
Rekrutierung von fähigen VR-Mitgliedern schwieriger
Hingegen sind 39 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Rekrutierung von fähigen VR-Mitgliedern aufgrund des verlangten zeitlichen Aufwandes und der Reputationsrisiken in Zukunft schwieriger werden wird. 29 Prozent glauben, dass die Qualität der Verwaltungsrats-Gremien abnehmen wird. Sandro V. Gianella kommentiert: „Die neuen Rahmenbedingungen verändern die Anforderungen an Verwaltungsräte und machen eine Suche nach neuen Kräften entsprechend anspruchsvoll. Neue Verwaltungsräte müssen künftig nicht nur hervorragende fachliche Fähigkeiten und Führungsqualitäten mitbringen, sondern verstärkt auch die Fähigkeit und Bereitschaft haben, am gesellschaftlichen und politischen Dialog teilzunehmen.“ (mc/pg)
Die Umfrage wurde von Knight Gianella in Zusammenarbeit mit dem Corporate Governance Competence Center der Universität St. Gallen entwickelt und vom Dichter Institut durchgeführt. An der Umfrage haben 150 Verwaltungsräte und Verwaltungsrätinnen, die insgesamt 735 Verwaltungsratssitze repräsentieren, aus börsenkotierten und grossen nicht börsenkotierten Schweizer Unternehmen teilgenommen.