Accenture geht von vielen Krankenkassenwechseln im Herbst 2023 aus

Accenture geht von vielen Krankenkassenwechseln im Herbst 2023 aus
Mit Efas (Einheitliche Finanzierung ambulant und stationär) werden alle Gesundheitsleistungen einheitlich finanziert. (Foto: Adobe Stock)

Zürich – Das Beratungsunternehmen Accenture analysiert in der aktuellen Studie «Krankenversicherung Schweiz 2023» basierend auf dem letzten Prämienjahr das Kundenverhalten und die Ausgangslage unterschiedlicher Krankenversicherer für das Herbstgeschäft. Laut Studie nimmt die Preissensitivität der Schweizer Bevölkerung zu: Bei einem Prämienanstieg von 20 CHF pro Monat würden 29% der Konsumenten einen Krankenkassenwechsel in Betracht ziehen. Zudem ist eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung der Ansicht, dass das Schweizer Gesundheitssystem heute nicht genügend patientenzentriert ist.

Anfang 2023 hat in der Schweiz fast jede siebte Person ihre Grundversicherung gewechselt – mit 12.8% ist dies die höchste Wechselquote seit 2010 und stellt gegenüber dem Vorjahr eine Verdoppelung dar. Die Mehrheit der Wechsler stammt aus der Altersgruppe der 26- bis 34-Jährigen, ist wohnhaft in der Westschweiz und gehört zu den Gutverdienenden. Zudem steigt die Zahl der Splitting-Kunden, die ihre Grund- und Zusatzversicherungen bei unterschiedlichen Krankenversicherern haben.

Prämie als wichtigster Entscheidungsfaktor
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Höhe der Prämie für Schweizer Konsumenten weiter an Bedeutung gewinnt. Dies ist vor allem auf die Prämienerhöhung von rund 6.6% per 2023 sowie das gestiegene Medieninteresse an der Thematik zurückzuführen. Bei 81% der bestehenden Kundinnen sowie bei 76% der potenziellen Neukunden war die Prämie der bedeutendste Entscheidungsfaktor für den Wechsel der Grundversicherung – ein Anstieg von je 13% respektive 5% im Vergleich zum Vorjahr.

Prämienanstieg und hohe Wechselquote aufgrund steigender Leistungskosten
Die steigende Preissensitivität der Konsumenten wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Immer mehr Konsumenten setzen sich heute mit ihren Krankenversicherungen auseinander und prüfen die Angebote der unterschiedlichen Anbieter. Laut Umfrage gehen bereits jetzt 50% der Befragten davon aus, dass sie auch dieses Jahr einen Prämienvergleich erwägen werden. Zudem zeigt die Umfrage, dass bei einem Prämienanstieg von 20 CHF pro Monat rund 29% der Schweizer einen Krankenkassenwechsel in Betracht ziehen würden.

Die Entwicklung der Leistungskosten und Prämien in den letzten Jahren deutet darauf hin, dass es auch 2024 zu einem weiteren deutlichen Prämienanstieg kommen könnte. In den letzten zwei Jahren sind die Leistungskosten (+7.4%) um 1.5% stärker gestiegen als die Prämien (+5.9%). Die starke Prämienerhöhung per 2023 hat folglich nicht ausgereicht, um die erhöhten Leistungskosten zu kompensieren. Marcel Thom, Leiter Insurance & Digital Health bei Accenture Schweiz, meint: «Sollten die Leistungskosten auch dieses Jahr deutlich steigen, wird es per 2024 wieder zu einem deutlichen Prämienanstieg kommen. Versicherer sollten daher auch im diesjährigen Herbstgeschäft mit einer hohen Wechselquote rechnen.»

Bedeutung von digitalen Kanälen und patientenzentrierter Gesundheitsversorgung
Schweizerinnen und Schweizer setzen beim Versicherungsabschluss immer häufiger auf Online-Kanäle. 62% der Versicherungspolicen wurden 2022 via Online-Kanäle abgeschlossen – über 150% mehr als 2021. Digitalabschlüsse werden somit auch für Versicherungsanbieter immer wichtiger; diese müssen sich überlegen, wie sie sich online möglichst gut von ihren Konkurrenten differenzieren und wie sie das digitale Kundenerlebnis weiter verbessern können.

Eine weitere Erkenntnis der Konsumentenumfrage zeigt das Gesundheitsbewusstsein der Schweizer:innen. Mehr als 75% investieren bewusst in ihre Gesundheit, und mehr als die Hälfte (54%) hat eine hohe Zahlungsbereitschaft. Gegenüber dem Schweizer Gesundheitssystem sind die Konsument:innen eher kritisch eingestellt: 61% sind der Meinung, dass das Gesundheitssystem nicht patientenzentriert aufgebaut ist, und 55% denken, dass sie das Gesundheitssystem bei der Verbesserung ihrer Gesundheit nicht unterstützt. Zudem sind nur 18% der Ansicht, dass ihre Krankenkasse für ihre Gesundheit verantwortlich ist – für 96% liegt die Hauptverantwortung bei ihnen selbst.

Differenzierungspotenzial mittels Telemedizin und Generativer KI
Weiter zeigt die Umfrage, dass 44% der Konsumenten in den kommenden 12 Monaten Telemedizin für ihren medizinischen Bedarf nutzen wollen – eine Verdoppelung im Vergleich zum Anteil der Personen, die in den vergangenen 12 Monaten Telemedizin genutzt haben (23%). Nachdem die Nutzungsraten von Telemedizin im Nachgang der Pandemie zwar sanken, kann nun mittelfristig mit einem Wachstum gerechnet werden, wobei sich die Angebote gegenüber heute deutlich weiterentwickeln werden. Auch beim Thema Generative KI bieten sich für Krankenversicherer Möglichkeiten, sich von der Konkurrenz zu differenzieren und die Kosten zu senken. So sehen 96% der Versicherer Künstliche Intelligenz als diejenige Technologie, die ihre langfristige Strategie am stärksten prägen wird.

Krankenversicherer im Vergleich – Kontinuierliche Prämienkonvergenz
Im Herbstgeschäft 2022 fielen die Bestandsveränderungen deutlich höher aus als in den vorherigen Jahren. So konnten die KPT und die Groupe Mutuel mit 200’000 respektive 68’000 Neukunden ihren Kundenstamm massiv erhöhen. Dem gegenüber setzte die Assura ihren Negativtrend im dritten Jahr in Folge fort (minus 89’000 Kund:innen); seit 2020 hat die Assura ca. 20% ihres Bestands verloren.

Trotz leichtem Rückgang bleiben 2023 die CSS und Helsana klare Marktführer bei der Grundversicherung, wobei insbesondere letztere auch bei den Zusatzversicherungen stark positioniert ist. Während die Grundversicherung zwischen 61% und 91% des Geschäftsvolumens der Krankenversicherer ausmacht, gibt es je nach Versicherer grosse Unterschiede beim Zusatzversicherungsgeschäft (typischerweise rund 20% bis 25% des Prämienvolumens). So verzeichnen SWICA (39%), Visana (33%) und Helsana (28%) einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Zusatzversicherungen.

Bezüglich der Prämienkonvergenz nähern sich die teuersten und günstigsten Prämien der Top-12-Versicherer in der Schweiz trotz des deutlichen Prämienanstiegs weiter an. 2011 war die teuerste Kampfprämie der Top-12-Versicherungen rund 34% teurer als die günstigste. 2023 beträgt dieser Unterschied noch ca. 17%. Marcel Thom meint: «Sollte sich dieser Trend der Konvergenz auch in den nächsten Jahren fortsetzen, können wir mittelfristig davon ausgehen, dass für die Konsument:innen die Prämie bei der Wahl des Krankenversicherers an Bedeutung verlieren wird. Andere Differenzierungsmerkmale wie das App- oder Dienstleistungsangebot der Versicherer dürften stattdessen wichtiger werden.» (Accenture/mc)

Über die Konsumentenumfrage
Im Auftrag von Accenture hat das LINK-Institut im März 2023 eine repräsentative Konsumentenumfrage in der Schweizer Bevölkerung durchgeführt. 1’071 Personen wurden im Rahmen der Umfrage zu ihrem Verhalten und ihren Präferenzen im Schweizer Krankenversicherungsmarkt zu Themen wie Grund- und Zusatzversicherung oder Population Health befragt.

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