Adecco-CEO Alain Dehaze. (Foto: Adecco)
Glattbrugg – Adecco ist im dritten Quartal 2015 wegen eines überraschenden Goodwillabschreibers tief in die Verlustzone gerutscht. Da zudem das Wachstum nicht genügend angezogen hat, musste das Margen-Ziel für 2015 gesenkt werden. Aber auch im kommenden Jahr erwartet der Personalvermittler nur eine Fortsetzung des aktuellen Trends. Alles in allem zeigten sich die Anleger etwas geschockt, und die Aktie büsste im Tiefpunkt über 10% ein.
Niemand hatte damit gerechnet, dass Adecco zusammen mit den Quartalszahlen gleich noch einen Goodwill-Abschreiber von 740 Mio EUR bekannt geben würde. Dieser führte unter dem Strich zu einem Verlust von 513 Mio EUR. Grund für den Abschreiber seien bereits erfolgte und noch angekündigte regulatorische Änderungen in Deutschland sowie ein schwächerer wirtschaftlicher Ausblick in gewissen Märkten, liess das erst seit wenigen Monaten amtierende Management unter CEO Alain Dehaze und CFO Hans Ploos van Amstel am Donnerstag verlauten.
Annahmen in Deutschland zu hoch
Fast 90% des Impairments betrifft den Markt Deutschland, der Rest Australien und Indien. Wie der CFO an einem Investoren-Call ausführte, ging man in den Modellen von Adecco für übernommene Firmen in Deutschland noch immer von den hohen Wachstumsraten und Margen aus, die diese in den Jahren 2006/07 erzielt hätten. Davon habe man nun aber Abschied genommen, was den Abschreiber zur Folge gehabt habe.
Immerhin soll der Goodwill-Abschreiber keinen Einfluss auf die Dividendenpolitik haben. «Wir bestätigen, dass wir für das Geschäftsjahr 2015 mindestens gleich viel zuhanden der Aktionäre vorschlagen werden wie für 2014 (2,10 CHF pro Aktie)», sagte der Konzernchef im Interview mit AWP.
Aber nicht nur der Abschreiber führte für Verstimmung unter den Investoren, sondern auch die Tatsache, dass das Management das EBITA-Ziel (Marge von über 5,5%) für dieses Jahr zurücknehmen musste, nachdem es vom alten Management immer wieder bestätigt worden war. Allerdings hatte dieses mehrmals betont, dass es im zweiten Halbjahr ein organisches Wachstum im hohen einstelligen Prozentbereich brauche, um das Ziel zu erreichen.
Keine Beschleunigung des Wachstums
Diese Beschleunigung kam aber nicht zustande. Das organische Wachstum in der Periode von Juli bis September blieb mit +4% nämlich auf dem Level des zweiten Quartals. Südeuropa, Benelux und die Emerging Markets würden weiterhin «sehr gut» wachsen, während das Wachstum in den grossen Märkten Westeuropas, den USA und Japan weiterhin bescheiden sei, hiess es. Im grössten Markt Frankreich etwa wuchs Adecco mit 1% gar etwas langsamer als im zweiten Quartal (+2%).
Aber auch im nächsten Jahr sieht das Adecco-Management derzeit keine Verbesserung und geht von einem ähnlichen Wachstum wie aktuell bzw. einer mit 2015 vergleichbaren Marge aus. Diese Aussagen sorgen bei Analysten ebenfalls für etwas Unverständnis, zumal die Visibilität im Personalvermittlungsgeschäft eher gering bzw. auf wenige Wochen beschränkt ist. Das Management wollte die Prognose dann an einem Call auch nicht ausdrücklich als Guidance verstanden wissen, sondern mehr als Erwartung aus heutiger Sicht.
Entscheide zur Strategie fällte das Management dagegen keine. Hier will es sich Zeit lassen bis zu einem für den 18. Januar angesagten Investorentag. Grosse Würfe sind da aber nicht zu erwarten. «Es wird keine wesentlichen Änderungen geben, wir werden die bewährte Strategie der letzten Jahre weiterentwickeln», sagte der CEO gegenüber AWP. Man prüfen derzeit lediglich mit dem Verwaltungsrat, ob gewisse Prioritäten etwas anders gesetzt werden sollen.
«Tabula rasa»
Auch bezüglich möglicher Zukäufe bestätigte CEO Dehaze die bisherige Sprechweise und meinte: «Es wird im Bereich General Staffing keinen Zukauf geben bis 2016. Kleinere Bolt-on-Akquisitionen im Bereich Professional Staffing würden wir aber prüfen.»
Gar keine Freude an den heutigen News hatten die Investoren. Sie schickten die Adecco-Aktie gleich von Beginn weg auf Talfahrt, von der diese sich bis zum Handelsschluss nicht erholte. Am Ende stand der Kurs 10,5% tiefer. Das Management wolle wohl reinen Tisch bzw. «Tabula rasa» machen, hiess es etwa. (awp/mc/upd/ps)