Arbon – Der Bauzulieferer AFG Arbonia Forster übernimmt die Industriegruppe Looser. Das dabei neu gebildete Unternehmen soll «Arbonia AG» heissen und ein wichtiger Gebäudezulieferer im europäischen Markt werden. Die mehrstufige Transaktion bewertet Looser auf insgesamt 511 Mio CHF, was in Marktkreisen teilweise als teuer angesehen wird. Entsprechend stehen die AFG-Aktien auch etwas unter Druck.
Die Übernahme von Looser erfolgt in zwei Schritten. In einem ersten hat AFG von der Looser-Eigentümerfamilie und dem Management deren Mehrheit von 53% am Unternehmen übernommen. In einem zweiten Schritt macht AFG den übrigen Aktionären ein öffentliches Übernahmeangebot zu denselben Bedingungen.
AFG übernimmt Looser in erster Linie wegen des Türgeschäfts. AFG ist mit der Gesellschaft RWD Schlatter ein Anbieter von Spezialtüren vor allem im Markt Schweiz. Looser verfügt demgegenüber mit Prüm-Garant und Invado über starke Marktstellungen in Deutschland und Polen. Prüm-Garant soll durch den Zusammenschluss Zugang zum Schweizer Markt und RWD Schlatter zum deutschen Markt erhalten, teilen die beiden Unternehmen am Donnerstag mit.
Gute geografische Ergänzung
«Wir sehen die Transaktion nicht als Flucht nach vorne», sagte CEO und VR-Präsident von AFG, Alexander von Witzleben, gegenüber AWP. «Wir haben eine gute Strategie und Marktposition im Bereich Gebäudetechnik. Und auch für den Fensterbereich haben wir eine gute Strategie erarbeitet, dieser Bereich wird sich auch weiter verbessern.» Anders habe es im Bereich Türen ausgesehen.
Hier habe er keine Antwort gehabt, auf die Frage, wie die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern sei. In der Vergangenheit sei dabei vor allem der grosse Markt Deutschland vergessen gegangen. «Nun haben wir über Nacht Zugang zum deutschen Markt.» Insofern sei die Übernahme unter diesem geografischen Aspekt zu betrachten. Ein weiterer sei derjenige des Sortiments: Looser sei im unteren und mittleren Türensegment stark und AFG im Topsegment. «Der Markt verlangt aber heute von einem Anbieter ein Vollsortiment. Das haben wir nun.»
Insgesamt wollen AFG und Looser durch den Zusammenschluss zu einem führenden Gebäudezulieferer in Europa werden. Neben dem Türengeschäft wird auch der hochmargige Geschäftsbereich Industriedienstleistungen (Condecta) von Looser eigenständig in den neuen Konzern überführt. Für den Bereich Beschichtungen wird Looser den angekündigten Verkaufsprozess in Abstimmung mit AFG fortführen.
Vorteile im Einkauf
Die neue Unternehmensgrösse schafft unter anderem Kostenvorteile im Einkauf. Von Witzleben sprach hier von 40 bis 60% an möglichen Einsparungen. Die Transaktion soll jährliche Synergien von rund 10 Mio CHF ab 2018 bringen und mindestens 15 Mio CHF ab 2020. Für die neue Gruppe wurde bis 2018 ein Umsatzziel von 1,4 Mrd CHF formuliert sowie für den EBITDA ein Wert von über 150 Mio CHF. Gemäss von Witzleben soll der EBITDA gar deutlich darüber steigen.
Bereits für 2017 stellt von Witzleben einen Reingewinn von über 30 Mio CHF in Aussicht. Der Gewinn je Aktie soll bis 2020 jährlich um rund 20% zunehmen. Dazu sollen die Gewinnsteigerungen sowohl von AFG als auch von Looser beitragen sowie die angepeilten Synergien.
Transaktion mit 511 Mio Franken bewertet
Der Kaufpreis beläuft sich insgesamt auf 416 Mio CHF, dazu werden Netto-Schulden von Looser in der Höhe von 95 Mio übernommen. Von den 416 Mio zahlt AFG 21% oder 87 Mio CHF bar und 79% über die Ausgabe von 20,9 Mio neuer Aktien, was gemessen am Schlusskurs vom Vortag 329 Mio CHF entsprochen hätte. Das konkrete Angebot an die Looser-Aktionäre, das vom Looser-VR zur Annahme empfohlen wird, beläuft sich auf 23 CHF plus 5,5 AFG-Aktien je Looser-Aktie.
Gesichert ist die Finanzierung durch eine fest zugesicherte Bankfinanzierung im Umfang von 500 Mio CHF. Davon dienen 100 Mio CHF als Überbrückungskredit für die Barkomponente von 87 Mio CHF, welche durch den Verkauf der Beschichtungssparte von Looser wieder amortisiert werden sollen. Hinzu kommt eine syndizierte Kreditfazilität von 400 Mio. Die Aktionäre der beiden Unternehmen müssen die Transaktion an ausserordentlichen Generalversammlungen Anfang November noch gutheissen, was angesichts der Hauptaktionärs Michael Pieper bei AFG und der Looser Familie bei Looser kein Problem sein dürfte.
An der Börse wurde der Kaufpreis teilweise als hoch angesehen, während andere Analysten diesen als durchaus in Ordnung bezeichneten. AFG schlossen 5,4% tiefer, nachdem der Titel in der Startphase um über 10% eingebrochen war. Looser schossen auf der Gegenseite um knapp 30% auf 102,40 CHF in die Höhe, was dem gebotenen theoretischen Preis je Aktie von rund 109,60 CHF bereits recht nahe kommt. (awp/mc/pg)