AKW Leibstadt. (Foto: Kernkraftwerk Leibstadt AG)
Leibstadt – Die Kernkraftwerk Leibstadt AG (KKL) wehrt sich mit einer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht gegen eine Verfügung der Atomaufsichtsbehörde ENSI. Es geht um die Publikation von Daten der radioaktiven Abgaben über den Abluftkamin des AKW. Die Beschwerde solle für alle Seiten Klarheit bei der Umsetzung des Bundesgesetzes über das Öffentlichkeitsprinzip (BGÖ) schaffen, teilte die KKL am Donnerstag mit.
In einem von der Umweltorganisation Greenpeace angestrengten Verfahren hatten das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) im November verfügt, dass die KKL frühere Daten der Messungen veröffentlichen muss. Konkret ging es um die Daten im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 1. November 2014. Die AKW-Betreiberin lässt die Verfügung des ENSI vom Bundesverwaltungsgericht nun überprüfen. Nur amtliche Dokumente würden dem BGÖ unterstehen. Das ENSI habe in früherer Praxis verneint, dass es sich bei den elektronischen Kaminfortluft-Daten um amtliche Dokumente handle, hält die KKL fest.
Das ENSI beabsichtige, nicht nur wie bisher die gemäss Strahlenschutzverordnung monatlich bilanzierten Normalbetriebsmesswerte, sondern zusätzlich auch die detaillierten Kaminfortluft-Testdaten zu publizieren.
AKW-Betreiberin sieht keine Rechtsgrundlage
Diese Detaildaten hätten ohne Interpretationshilfen jedoch keine Aussagekraft. Hinzu komme, dass für diese Testdaten die notwendigen gesetzlichen und behördlichen Rechtsgrundlagen fehlten.
Das AKW Leibstadt übermittelt nach eigenen Angaben für den Test von Datentransferleitungen seit sechs Jahren in Abständen von 10 Minuten elektronisch und auf freiwilliger Basis Messdaten an die Aufsichtsbehörde ENSI. Die Daten würden sich auf die Kaminfortluft beziehen und sollten bei einem Ereignis eine Störfallbewertung ermöglichen.
Daten werden nach 30 Tagen gelöscht
Diese elektronischen Testdaten aus dem Normalbetrieb bewegten sich in der Regel in einem nicht signifikanten Bereich und hätten bislang nicht als amtliche Dokumente gegolten. Nach 30 Tagen würden die Daten automatisch gelöscht – ausser die Aufsichtsbehörde müsse diese bei einer effektiven Kraftwerksstörung begutachten.
Die automatische Löschung der Messdaten bedeutet gemäss KKL implizit, dass im jeweiligen Betrachtungszeitraum keine Ereignisse zu verzeichnen waren. Das ENSI verfüge in diesem Sinn über keine detaillierten Kaminfortluft-Testdaten, die älter als 30 Tage seien. Eine allfällige Verpflichtung der Aufsichtsbehörde zur Wiederbeschaffung der gelöschten Daten bei Dritten sei im Rahmen des Öffentlichkeitsgesetzes nicht geregelt.
Kritik von Greenpeace
Greenpeace Schweiz schreibt in einer Stellungnahme, mit dem Gang vor Bundesverwaltungsgericht stelle sich Leibstadt gegen die klaren Empfehlungen des Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) und der Schweizer Atomaufsichtsbehörde ENSI. Greenpeace-Atomexperte Florian Kasser kommentiert: «Man fragt sich, was das AKW Leibstadt zu verheimlichen hat. Radioaktive Stoffe können die Gesundheit der Menschen schädigen. Die Bevölkerung hat ein Anrecht darauf zu wissen, was ein Atomkraftwerk in Luft und Wasser freisetzt. Die wiederholten Heimlichtuereien der AKW-Betreiber werden langsam unerträglich.» (awp/mc/pg)