Bern – Alain Berset ist nächstes Jahr Bundespräsident. Die Vereinigte Bundesversammlung hat den Vorsteher des Innendepartements am Mittwoch mit 190 von 210 gültigen Stimmen gewählt.
20 Stimmen gingen an verschiedene Personen. 14 Wahlzettel waren leer eingegangen, 4 ungültig. Der Freiburger erzielte damit ein sehr gutes Wahlresultat. Die amtierende Bundespräsidentin Doris Leuthard hatte vor einem Jahr 188 von 207 gültigen Stimmen erhalten.
Simonetta Sommaruga, die wie Berset der SP angehört, war mit 181 Stimmen zur Bundespräsidentin gewählt worden. Mit 106 Stimmen das bisher schlechteste Resultat erzielte 2011 SP-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey.
Berset ist der 19. Bundespräsident, den die Sozialdemokraten stellen. Nach den CVP-Vertretern Jean-Marie Musy und Joseph Deiss ist er der dritte Freiburger, der das Amt innehat. Musy war allerdings zweimal Bundespräsident, 1925 und 1939, so dass Berset der vierte Amtsinhaber aus dem Kanton Freiburg ist.
Zum Vizepräsidenten des Bundesrats wählte die Bundesversammlung Ueli Maurer. Er erhielt 178 von 192 gültigen Stimmen. Damit ist Maurer designierter Bundespräsident für das Jahr 2019. Der 67-jährige SVP-Magistrat hatte das Amt schon 2013 innegehabt.
Ruf nach Reformen
Berset sitzt seit 2011 im Bundesrat. Der damals 39-jährige ersetzte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Weil es den inzwischen zurückgetretenen Didier Burkhalter in die Aussenpolitik zog, fiel Berset das Eidg. Departement des Innern (EDI) zu.
Dort ist Berset unter anderem für die Gesundheits- und Sozialpolitik zuständig. Zu seinen wichtigsten Themen gehören die Gesundheitskosten. Mit verschiedenen Massnahmen konnte er in den letzten Jahren das Prämienwachstum etwas bremsen. Die Reform der Altersvorsorge hingegen ist im September an der Urne gescheitert. Die Neuauflage wird Berset in seinem Präsidialjahr beschäftigen.
Auf die Notwendigkeit von Reformen ging Berset auch in seiner Rede vor der Bundesversammlung ein. Die Schweiz sei immer am stärksten gewesen, wenn sie Entwicklungen vorweggenommen und nicht, wenn sie diese zu bremsen versucht habe, sagte er. Diese Reformfähigkeit sei der Schlüssel zum Erfolg der Schweiz.
Berset sprach auch den 25. Jahrestag der Ablehnung des EWR-Beitritts an. Mit Pragmatismus und der Fähigkeit, Kompromisse zu schmieden, habe die Schweiz einen Weg zur Stabilität gefunden. Dieses Gleichgewicht sei in der Europapolitik auch heute gefragt.
«Über den Tellerrand blicken»
Für Berset geht es um den Zusammenhalt des Landes. «Unser politisches System verlangt, dass wir alle über den eigenen Tellerrand blicken», sagte er. Wir müssten uns in andere hineindenken, um ihre Sicht der Dinge zu verstehen. Ohne Kompromissfähigkeit gehe das nicht.
Die Schweiz sei kein Land des politischen Maximalismus. «Niemand kann die Schweiz nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten.» Die Schweiz sei aber auch kein Land des politischen Minimalismus. Das Engagement für den nationalen Zusammenhalt und für eine faire Gesellschaft sei nie zu Ende, sagte Berset. «Das ist der Kern unseres Erfolges: Wir nehmen alle mit.» (awp/mc/ps)