Bern – Vor gut zwei Jahrzehnten übernahm er das Präsidium der SVP Uetendorf, jetzt hat er seine lange Polit-Karriere gekrönt: Der 55-jährige Berner Nationalrat Albert Rösti ist am Mittwoch in die Landesregierung gewählt worden.
Rösti wuchs als Jüngster einer Bergbauernfamilie in Kandersteg auf. Er liess sich zum Ingenieur Agronom ausbilden und erwarb den Doktortitel an der ETH Zürich. Regierungsluft schnupperte er von 2003 bis 2006 als Generalsekretär der bernischen Volkswirtschaftsdirektion.
Der SVP blieb er immer treu – auch als Parteifreunde austraten und die BDP gründeten. Rösti selber stieg 2010 für die bernische SVP ins Rennen um den Regierungsrat. Der Wählerschaft präsentierte er sich als pragmatischer, lösungsorientierter Politiker und als Vermittler zwischen Stadt und Land – allerdings erfolglos.
Dafür schaffte er ein Jahr später den Sprung in den Nationalrat. So wechselte Rösti aufs nationale Parkett, ohne dass er je in ein Amt auf kantonaler Ebene gewählt worden wäre.
Hart in der Sache
Im Nationalrat machte sich Rösti einen Namen als Energie- und Gesundheitspolitiker. Dass er sich überdies zu einem Schwergewicht in seiner Fraktion entwickeln konnte, kam für manche überraschend. Der freundliche, zurückhaltende Berner schien nicht so recht in die SVP zürcherischer Prägung zu passen.
Doch der Eindruck täuschte. Beobachter beschrieben ihn bald einmal als «gemässigt im Ton, aber hart in der Sache». So setzte er sich an vorderster Front für die Zuwanderungsinitiative ein.
Als Rösti im Oktober seine Kandidatur für den Bundesrat bekanntgab, sprach sein langjähriger Weggefährte und ehemalige Berner Nationalrat Hansruedi Wandfluh von einer «zugänglichen Persönlichkeit, die zwar pointiert kämpft, dabei aber Anstand behält».
Erfolge und Rückschläge
Zu nationaler Bekanntheit brachte es Albert Rösti spätestens im Jahr 2015: Als Wahlkampfleiter der SVP Schweiz führte er seine Partei zum nationalen Triumph. Persönlich scheiterte er im selben Jahr mit seiner Ständeratskandidatur – er kam an den beiden Bisherigen nicht vorbei.
2016 übernahm Rösti das Präsidium der SVP Schweiz. Unter seiner Führung musste die Partei bei den Wahlen 2019 eine empfindliche Niederlage einstecken. Rösti selber wurde damals mit dem besten Resultat aller Berner Nationalratsmitglieder wiedergewählt. Ein Jahr später trat er als SVP-Präsident zurück.
Für Aufsehen sorgte Rösti im Bundeshaus zuletzt, als sich das Parlament hinter seinen Antrag für eine schnelle Erhöhung der Grimselstaumauer stellte. Ein Zufall ist das nicht: Rösti hat zwar einen Ruf als Öl-Lobbyist, doch ist er auch Präsident des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbands.
Viele Mandate
Überhaupt ist Albert Rösti bestens vernetzt. Das liegt auch an seinem «Büro Dr. Rösti GmbH». Er berät Wirtschaftsvertreter und Politiker vornehmlich in den Bereichen Energie, Raumplanung, Umwelt und Agrarwirtschaft.
Im amtlichen Interessenregister des Parlaments hat der SVP-Politiker zurzeit 16 Mandate in Firmen, Verbänden, Lobbygruppen und Vereinen gemeldet. 13 davon sind bezahlt, drei ehrenamtlich. Die Plattform Lobbywatch führt ihn unter den Topshots der eidgenössischen Räte.
Albert Rösti war in den letzten Jahren auch stets in der Lokalpolitik aktiv – als Gemeindepräsident der 6000-Seelen-Gemeinde Uetendorf bei Thun. In dieses Amt war er 2013 gewählt worden. Rösti ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. (awp/mc/ps)