Allianz aus Politik und Wirtschaft bekämpft 99-Prozent-Initiative

Allianz aus Politik und Wirtschaft bekämpft 99-Prozent-Initiative
(Illustration: 99prozent.ch)

Bern – Eine breite Allianz aus Politik und Wirtschaft bekämpft die 99-Prozent-Initiative der Jungsozialisten (Juso). Die Initiative will neue Steuern auf Kapitaleinkommen einführen. Das treffe vor allem KMU, Hauseigentümer, Landwirte, Kleinanleger und Startups.

«Wir haben es hier mit einer Vorlage zu tun, die erhebliche Risiken für unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft mit sich bringt», sagte SVP-Präsident Marco Chiesa am Donnerstag vor den Medien in Bern. «Erneut wollen die Jungsozialisten ihre radikale Ideologie dem Mittelstand aufdrängen.»

Chiesa eröffnete die Medienkonferenz des überparteilichen Nein-Komitees bestehend aus SVP, FDP, Mitte-Partei, Grünliberalen und dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse.

Anders als von der Juso behauptet, würden bei einer Annahme der Initiative nicht die Reichsten zur Kasse gebeten, sondern der Mittelstand, die Landbevölkerung und die kleinen und mittleren Unternehmen, argumentierte Chiesa.

Bauern könnten zur Kasse gebeten werden
«Auch Landwirte sind Unternehmen», ergänzte Mitte-Nationalrat Thomas Rechsteiner (AI). Wenn Landwirte ihren Betrieb übergeben, werde sich der Preis für die Übergabe stark erhöhen, weil eine neue Steuer dazukomme. «Stabilität bei den Steuern sind für Unternehmen eine Notwendigkeit. Diese meines Erachtens falsch geschriebene Initiative lässt zu viele Fragen offen.»

Kritik an den offenen Formulierungen äusserte auch der Genfer FDP-Nationalrat Christian Lüscher: «Ich habe während meinen 14 Jahren im Parlament kaum einen so schlechten Initiativtext gelesen.» Offenbar sei der Text an einem Abend im Restaurant auf einem kleinen Papier verfasst worden. Er stelle sich dies auf jeden Fall so vor.

Mit den Unklarheiten könnte die Initiative je nach Auslegung auch «eine Gefahr für Eigenheimbesitzer» sein, sagte Lüscher. Der Verkauf der eigenen Immobilie könnte von der neuen Steuer betroffen sein. «Das wäre ein Massaker.»

Klimaschutz statt höhere Steuern
GLP-Vizepräsident Michel Matter argumentierte, dass die Investitionen der Wirtschaft in den Klimaschutz mit der Annahme der Initiative gebremst würden. Unternehmen müssten nun Geld haben, um Investitionen in den Klimaschutz zu tätigen. «Wenn eine zusätzliche Steuer erhoben wird, wird es weniger Investitionen in absolut notwendige Klimamassnahmen geben.»

Dass mit der Annahme der Initiative auch die Übergabe von Unternehmen weiter erschwert werde, sei ein grosses Problem, sagte schliesslich Monika Rühl, Direktorin des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse. «Weil die Firmenübernahmen mit der neuen Steuer teurer werden, müssen sich die meist jungen Unternehmen noch stärker verschulden und könnten mit ihren Projekten scheitern.»

Aber eigentlich sei mit dem Initiativtext völlig offen, wer alles von der Steuererhöhung betroffen sein könnte. «Wir werden politisch ein riesiges Problem haben, mit solch einer offen formulierten Volksinitiative», sagte Rühl, «eigentlich wissen wir gar nicht, worüber wir abstimmen.»

Verteilungsgerechtigkeit als Ziel
Die Initiative verlangt, dass Kapitaleinkommen, also etwa Einnahmen aus Kursgewinnen auf Aktien oder Dividenden, ab einem bestimmten Schwellenwert zu 150 Prozent besteuert werden, also 50 Prozent höher als Lohneinkommen. Die Initianten denken an einen Schwellenwert von rund 100’000 Franken. Bis zu diesem Betrag würde das Einkommen in der tatsächlichen Höhe besteuert, der Betrag darüber hinaus eineinhalbmal so hoch. 1 Franken würde also als 1 Franken 50 Rappen besteuert.

Die zusätzlichen Einnahmen des Bundes sollen nach dem Willen der Initiantinnen und Initianten konsequent umverteilt werden, um die Steuern auf tiefe und mittlere Löhne zu senken oder die zusätzlichen Steuereinnahmen für die Krankenkassenprämien oder die Bildung zu verwenden. (awp/mc/ps)

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