Lausanne – Der Stromkonzern Alpiq will die Krisenzeiten hinter sich lassen. Mit der Ernennung eines neuen CEO wird die Phase der Stabilisierung nun endgültig für beendet erklärt.
Seit knapp einem Jahr agierte Verwaltungsratspräsident Jens Alder in einer umstrittenen Doppelfunktion und hatte zusätzlich auch die operative Verantwortung inne. Nun soll zum Jahreswechsel André Schnidrig neuer Konzernchef werden. Mit dem Aktionärswechsel, der anstehenden Dekotierung der Aktien und der Wahl des neuen CEO werde die Konsolidierungsphase Ende 2019 abgeschlossen, teilte Alpiq am Donnerstag mit.
Schnidrig ist bereits seit 2010 bei Alpiq und seit Januar 2019 als Leiter des Geschäftsbereichs «Generation International» Mitglied der Geschäftsleitung. Zuvor arbeitete er den Angaben zufolge unter anderem bei ABB und McKinsey.
Kapitalmarktfähigkeit erhalten
Dieser werde sich ab dem 1. Januar 2020 wieder auf die strategische Führung konzentrieren, hiess es. Alder hatte Anfang 2019 die operative Führung der Gruppe übernommen, nachdem sich die frühere Konzernchefin Jasmin Staiblin entschlossen hatte, Alpiq Ende 2018 zu verlassen.
Das steht auch damit im Zusammenhang, dass im vergangenen Jahr das Industriegeschäft an den französischen Baukonzern Bouygues verkauft wurde. Damit besann sich Alpiq zurück auf sein traditionelles Kerngeschäft, die Stromproduktion. Mit dem Verkauf sollten aber nicht zuletzt Schulden abgebaut werden.
Das Management unter Staiblin hatte nach Auswegen gesucht – wegen der hohen Verschuldung und der durch die tiefen Strompreise ausgelösten Ergebniskrise. Es wurde sogar die Veräusserung des Kerngeschäfts in Erwägung gezogen: Ein grosser Teil der Wasserkraft sollte an Konkurrenten gehen. Es konnten aber angesichts des schwierigen Marktumfelds keine Käufer gefunden werden.
Neuer Grossaktionär
Alpiq litt besonders unter dem Preisverfall an den europäischen Strommärkten, der Anfang 2016 einen historischen Tiefpunkt erreicht hat. Denn das Unternehmen hat als reiner Stromproduzent keine Endkunden, die mit regulierten Tarifen (Gestehungskosten plus Gewinn) bedient werden können. Daher musste der Konzern den Produktionspark in den vergangenen Jahren in Milliardenhöhe wertberichtigen.
Zu weiteren Veränderungen kam es in diesem Jahr: Der französische Stromkonzern EDF zog sich aus dem Aktionariat zurück. Neuer Grossaktionär ist die Schweizer Anlagegesellschaft CSA, ein von der Credit Suisse verwalteter Fonds, in den 135 Schweizer Pensionskassen investiert sind. Alpiq war 2009 aus dem Zusammenschluss von Atel und EOS hervorgegangen und seit damals war EDF mit 25 Prozent beteiligt gewesen.
«Gemeinsam haben wir bei Alpiq eine herausfordernde Zeit gemeistert», lässt sich Präsident Alder in der Mitteilung vom Donnerstag zitieren. Er freue sich, dass nun mit André Schnidrig «eine bewährte und äusserst engagierte Führungskraft an die Spitze von Alpiq tritt.»
Baustellen bleiben
Es herrscht aber längst nicht eitel Sonnenschein: So liegt Alpiq etwa immer noch im Clinch mit Bouygues wegen des Verkaufspreises des Industriegeschäfts. Die Franzosen wollen 200 Millionen Franken von den bezahlten knapp 800 Millionen zurück. Das sieht Alpiq ganz anders und fordert vielmehr eine Nachzahlung von 13 Millionen. Nun muss ein Schiedsgericht die Sache klären.
Auch die gewünschte Übernahme sämtlicher ausstehender Aktien durch die Ankeraktionäre lief nicht reibungslos ab. Diese machten den Publikumsaktionären ein Angebot von umstrittenen 70 Franken je Aktie. Es wurden von den 12 Prozent noch nicht einmal genügend angedient für einen Squeeze-Out. Aktuell halten die Ankeraktionäre 89,94 Prozent.
Nach wie vor streben die Kernaktionäre eine Abfindungsfusion an, bei der allerdings 90 Prozent aller Aktionäre zustimmen müssten. Dafür würden momentan verschiedene Optionen geprüft, hiess es auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP von den drei Aktionären CSA, EOS sowie dem Konsortium Schweizer Minderheiten (KSM).
Die geplante Dekotierung ist jedoch bereits in trockenen Tüchern: Schon bald verschwinden die Aktien von der Schweizer Börse. Letztmals werden sie am 16. Dezember gehandelt.
Ergebniserholung in Sicht
Rosig sieht es derweil auch operativ nicht aus. Zwar sind Verluste wie in den Jahren 2014 und 2015 von je fast 1 Milliarde Franken zuletzt ausgeblieben, im ersten Halbjahr 2019 lag der Verlust aber immer noch bei rund 200 Millionen Franken. 2018 betrug der Verlust gut 260 Millionen.
Bereits heute ist jedoch klar, dass es ab 2020 aufwärts gehen dürfte. Zumindest die seit 2016 erholten Strompreise müssten bei Umsatz und Ergebnis voll durchschlagen. Denn die Produktion wird grösstenteils drei Jahre im Vorfeld abgesichert.
Nach der Zeit der Stabilisierung soll dann endlich wieder eine Wachstumsphase eingeläutet werden. Schnidrig drückt es so aus: Ab 2020 wolle er Alpiq mit seinem «im Umfeld der Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung optimal positionieren». Alpiq besitzt oder ist beteiligt an Wasser-, Atom- und Gaskraftwerken. Braunkohlekraftwerke werden mittlerweile nicht mehr betrieben. (awp/mc/ps)