Alstom-CEO Patrick Kron.
Baden – Der französische Industriekonzern Alstom zieht nach einem schwachen ersten Halbjahr die Zügel an. Insgesamt sollen 1300 Stellen gestrichen werden. Davon ist auch die Schweiz betroffen. Netto verschwinden hierzulande 75 der insgesamt 6500 Arbeitsplätze.
130 Stellen werden in der Projektabwicklung und im Projektmanagement des Gasgeschäfts gestrichen, das in Baden AG seinen Hauptsitz hat, wie Alstom-Schweiz-Sprecher Renzo Radice am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte. Auf der anderen Seite schaffe Alstom Schweiz 55 neue Stellen in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Gasgeschäfts. Ein weiterer Stellenabbau sei im Bereich interne Informationssysteme und Technologie geplant, schreibt der Arbeitnehmerverband Angestellte Schweiz: Die Anzahl betroffener Stellen sei noch nicht bekannt.
Hunderte offene Stellen
Derzeit würden die Gespräche mit dem europäischen Betriebsrat laufen, sagte Radice. Diese sollen mehrere Monate dauern. Danach folgt die Konsultation in der Schweiz.
Es sei das Ziel, die Leute im Unternehmen zu behalten, sagte Radice. Derzeit seien alleine in Baden 200 Stellen offen, in der ganzen Schweiz gebe es 300 offene Stellen. «Ob es überhaupt zu Kündigungen kommt, ist noch noch nicht klar», sagte der Sprecher. Grund für den Abbau sei die gesunkene Nachfrage nach schlüsselfertigen Gesamtanlagen im weltweiten Gaskraftwerksgeschäft.
Interne Stellenvermittlung gefordert
Die Angestellten Schweiz forderten Alstom auf, genau zu prüfen, ob der Stellenabbau wirklich unabdingbar sei. Denn die Geschichte bei Alstom wiederhole sich. Der Konzern baue in kurzem Takt Stellen ab, dann wieder auf, dann wieder ab. Die Angestellten Schweiz fragten sich, ob das Management da wirklich eine nachhaltige Strategie verfolge, hiess es im Communiqué. Der Arbeitnehmerverband verlangte eine interne Stellenvermittlung.
Auftragseingang gesteigert
Im letzten Jahr hatte Alstom hierzulande kräftig expandiert. Die Zahl der Stellen stieg von 6300 auf insgesamt rund 6500 Arbeitsplätze. Alstom Schweiz konnte den Auftragseingang im ersten Halbjahr (April bis September) des laufenden Geschäftsjahres 2013/14 von 1 Mrd auf 1,1 Mrd EUR steigern.
Der Umsatz habe dank einigen Grossaufträgen mit fast 1,2 Mrd EUR nur knapp unter dem hohen Vorjahresniveau gelegen, sagte Radice. Dazu hätten alle Unternehmensbereiche thermische Kraftwerke (Baden/Birr), erneuerbare Energien (Baden/Birr), Stromübertragung (Oberentfelden) und Eisenbahn (Neuhausen am Rheinfall) beigetragen.
Schwaches Halbjahr für Gesamtkonzern
Der Gesamtkonzern hat indes ein schwaches erstes Halbjahr hinter sich. Der Auftragseingang sackte um 22% ab. Zwar konnte Alstom den Umsatz bei 9,7 Mrd EUR halten, der Reingewinn sank allerdings um 3% auf 375 Mio EUR. In den Monaten April bis September habe das Geschäft vor allem in den Industrieländern gelahmt. In den Schwellenmärkten habe sich der Boom etwas abgekühlt. Alstom hat ähnlich wie ABB und Siemens vor allem mit der Investitionsscheu von Kraftwerksbetreibern zu kämpfen, die ihr Geld angesichts schwacher Konjunkturaussichten zusammenhalten.
Teilverkauf der Bahntechniksparte möglich
Alstom reagiert mit Sparen. «Im derzeitigen Markt mit schwachem Wachstum müssen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter verstärken», sagte Konzernchef Patrick Kron am Mittwoch laut der Nachrichtenagentur Reuters. Die jährlichen Kosten sollen bis April 2016 um 1,5 Mrd EUR sinken. 1300 der konzernweit 93’000 Stellen sollen gestrichen werden.
Angesichts der Lage prüft Alstom den Teilverkauf seiner Bahntechniksparte. Bis Ende kommenden Jahres peilt der Hersteller von Energietechnik und Zügen an, durch die Trennung von einem Minderheitsanteil und von weiteren, kleineren Sparten 1 bis 2 Mrd EUR einzunehmen. Dies habe keine Auswirkungen auf die Standorte in der Schweiz, sagte Sprecher Radice. (awp/mc/pg)