Bern – National- und Ständerat haben sich auf eine Reform der Ergänzungsleistungen (EL) geeinigt. Nach dem Ständerat hat am Dienstag auch der Nationalrat den Anträgen der Einigungskonferenz zugestimmt.
Wie üblich handelt es sich um einen Kompromiss, bei dem beide Räte im einen oder anderen Punkt nachgeben müssen. Bei der umstrittenen Vermögensschwelle hat sich der Nationalrat durchgesetzt: Wer mehr als 100’000 Franken Vermögen hat, hat künftig keinen Anspruch auf EL. Bei Ehepaaren beträgt die Vermögensschwelle 200’000 Franken.
Gesichertes Darlehen gestrichen
Die Vorbehalte des Ständerats hatten vor allem mit dem gesicherten Darlehen zu tun: Damit bedürftige Personen nicht aus selbst bewohnten Liegenschaften ausziehen müssen, sollten sie trotz Immobilienvermögen EL erhalten. Die Unterstützung sollte aber nach dem Tod zurückbezahlt werden müssen, wobei die Forderung mit einem hypothekarisch gesicherten Darlehen gesichert worden wäre.
Die kleine Kammer hielt diese Regelung für administrativ aufwendig und schwierig zu vollziehen. Auf Antrag der Einigungskonferenz ist sie aus der Vorlage gestrichen worden. Das Vermögen in Form von selbst bewohntem Wohneigentum wird bei der Vermögensschwelle nicht berücksichtigt. Das hypothekarisch gesicherte Darlehen wird damit überflüssig.
Das Wohneigentum fällt aber unter die gewöhnlichen Regeln für die EL-Berechnung und wird dort abzüglich des Freibetrages als Vermögen angerechnet. Übersteigt der Nachlass eines EL-Bezügers oder einer EL-Bezügerin 40’000 Franken, muss die EL zudem zurückerstattet werden.
Mehr Geld für Miete
Bei den ebenfalls noch umstrittenen Vermögensfreibeträgen für die EL-Berechnung hatte sich in der Einigungskonferenz der Ständerat durchgesetzt. Diese werden auf 30’000 Franken für Alleinstehende respektive 50’000 Franken für Verheiratete gesenkt. Der Nationalrat wollte die Freibeträge tiefer ansetzen. Schliesslich hatte die Einigungskonferenz beantragt, dass EL-Beträge für Tagestaxen direkt an Heime und Spitäler ausbezahlt werden können.
Die übrigen Elemente der Vorlage waren bereits zuvor bereinigt worden. Eine wichtige Neuerung betrifft die Mieten. Zuletzt waren die Ansätze der EL 2001 erhöht worden. Weil die Mieten seither stark gestiegen sind, decken die anrechenbaren Beträge die tatsächlichen Mieten nur noch teilweise.
Nun werden sie erhöht, vor allem in der Stadt. Dort können Alleinstehende bei der EL-Berechnung bis zu 1370 Franken pro Monat anrechnen, in der Agglomeration 1325 Franken und auf dem Land 1210 Franken. Für eine weitere Person gibt es 250 Franken zusätzlich.
Weniger Geld für Kinder
Gesenkt werden die Ansätze für den Lebensbedarf von Kindern unter 11 Jahren. Bei Kindern über 11 Jahren bleibt es bei den heute anerkannten Ausgaben. Auf die Kürzung des EL-Anspruchs beim Kapitalbezug verzichten die Räte. Der Nationalrat hatte zunächst daran festgehalten, dass 10 Prozent weniger EL bekommen soll, wer sein Guthaben der obligatorischen beruflichen Vorsorge als Kapital bezogen und dieses vorzeitig verbraucht hat.
Wer jedoch sein Vermögen ohne Grund um mehr als 10 Prozent pro Jahr verbraucht, soll eine EL-Reduktion hinnehmen müssen. Zur Berechnung eines EL-Anspruchs werden nur noch die von einem Heim tatsächlich verrechneten Tage berücksichtigt. Heute wird meist monatsweise abgerechnet. Bei der EL-Berechnung wird das Einkommen von Ehegatten zu 80 Prozent angerechnet. Bisher wurden zwei Drittel des Einkommens berücksichtigt.
Die EL-Mindesthöhe wird auf den Betrag der höchsten Prämienverbilligung im Kanton gesenkt, wobei 60 Prozent der Durchschnittsprämie nicht unterschritten werden dürfen. Heute bezahlen die meisten Kantone mindestens die durchschnittliche Krankenkassenprämie.
Hohe Einsparungen
In der Version der Einigungskonferenz hat die EL-Reform ein Sparpotenzial von 453 Millionen Franken. Nach der Zustimmung des Nationalrats ist die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung.
Ob gegen die EL-Reform das Referendum ergriffen wird, ist unklar. Vor einem Jahr hatte sich eine Allianz aus Gewerkschaften, Behinderten-, Frauen- und Rentnerorganisationen sowie Mieterverbänden gebildet, die eine Sparvorlage verhindern wollte.
Einige ihrer Anliegen sind im Lauf der parlamentarischen Ausmarchung berücksichtigt worden. Trotzdem hat sich die Linke in der Abstimmung über die Vorschläge der Einigungskonferenz der Stimme enthalten. Die Diskussion unter den kritischen Organisationen ist noch im Gang. (awp/mc/ps)