AMAG-Gründer Walter Haefner ist tot
Walter Haefner (1910-2012). (Foto: AMAG)
Zürich – Der Gründer der AMAG, Walter Haefner, ist am vergangenen Dienstag im Alter von 101 Jahren verstorben. Haefner sei nach langem und erfülltem Leben friedlich eingeschlafen, heisst es in einer Medienmitteilung des Automobilunternehmens. In Erinnerung bleibe er als einer der erfolgreichsten Unternehmer, den die Schweiz bisher hatte, der bescheiden blieb und viel in seinem Leben bewegt hat.
Haefners Name ist in der Schweiz untrennbar mit jenem des Automobilunternehmens, der AMAG Automobil- und Motoren AG verbunden, die er 1945 gegründet hat. Früh zeigte sich sein unternehmerisches Talent. Nach der Handelsmatura 1929 arbeitete Haefner in der Mineralölbranche, zunächst als Verkaufsleiter bei Shell, anschliessend führte er die Motul in Wädenswil, welche sich unter seiner Leitung zur harten Konkurrenz grosser Mineralölmarken entwickelte.
General Motors in Biel wurde auf den strebsamen jungen Mann aufmerksam: noch nicht dreissigjährig wurde er Gebietsleiter für die Nordostschweiz. Bei Kriegsausbruch im Herbst 1939 verliess Haefner General Motors: Er sah voraus, dass das Autogewerbe harten Zeiten entgegen ging. Seine Ersparnisse steckte er in die Lizenz für Holzkohlegeneratoren, welche er auf eigene Rechnung in den Werkstätten der damaligen AMAG an der Kreuzstrasse/Utoquai in Zürich im Auftragsverhältnis herstellen liess. Die Aggregate wurden unter dem Namen «Autark» durch eine Selbsthilfeorganisation von über 30 Garagenbetrieben, welche die Autark-Gemeinschaft bildeten, auf den Markt gebracht. Und mitten im Krieg gelang es Haefner, diese Aggregate nach Ungarn, in die Tschechoslowakei und nach Portugal zu exportieren. In Argentinien wurde eine Lizenzproduktion aufgezogen.
Die «Neue AMAG Automobil- und Motoren AG» wird gegründet
1944 ging die AMAG unter ihrem Vorbesitzer in Konkurs, und Haefner konnte die Gesellschaft zunächst treuhänderisch übernehmen. Am 3. Januar 1945 gründete er die «Neue AMAG Automobil- und Motoren AG». Kaum läuteten Anfang Mai jenes Jahres die Friedensglocken, importierte Haefner die ersten Jeeps. Am 13. August unterschrieb er den Importvertrag für englische Standard-Automobile und knüpfte Verbindungen zu Chrysler nach Amerika. Im Jahr 1946 erreichten die ersten Standard die Schweiz, im April 1947 wurde bereits der 1000sten Wagen dieses Fabrikats abgeliefert. Inzwischen war Haefner auch Importeur für Chrysler, Dodge und Plymouth geworden, errichtete in Schinznach-Bad die «Automontage Schinznach AG», ein Montagewerk für Automobile.
Walter Haefner war längst ein etablierter Unternehmer, als er seinen grössten Erfolg erzielte: Es gelang ihm, im April 1948 einen Vertrag mit Volkswagen abzuschliessen. Im Mai kamen die ersten 50 VW Käfer in die Schweiz, bis Ende Jahr waren es deren 1‘380 – eine Erfolgsstory hatte begonnen. Rasch wurde der Volkswagen zum beliebtesten Auto der Schweizer – die Marken der Volkswagen AG sind es bis heute geblieben. Haefner entwickelte moderne Serviceleistungen, baute ein effizientes Händlernetz auf und ging in der Werbung neue Wege. Der Erfolg war durchschlagend und auch heute noch ist die AMAG mit den Marken Volkswagen, SKODA, Audi, SEAT, VW Nutzfahrzeuge und Porsche das grösste Automobilunternehmen der Schweiz.
Grosses unternehmerisches Gespür
Walter Haefner war auch Gründer zahlreicher Firmen, die nur wenig oder nichts mit dem Automobilgewerbe zu tun hatten. Dazu gehörten die Novelectric, Novelair, Mobag, Aufina, Automation Center. Zu Beginn der 70er Jahre engagierte er sich in den USA in der immer bedeutungsvoller werdenden Informatik- und Computerbranche. Heute ist die Careal Holding in Zürich, zu der auch die AMAG gehört, als Aktionärin mit über 20% Anteil am einem der weltweit grössten Software-Anbieter, der CA Technologies, beteiligt.
Der Privatmann Haefner, der sich trotz aller Erfolge stets im Hintergrund zu halten wusste, war ein Freund der Malerei und der Musik. Zeugnis seiner Sammlertätigkeit lieferte seine Schenkung wichtiger Werke von Künstlern wie Monet, Degas, Van Gogh, Chagall, u.a.m., die er im Jubiläumsjahr der AMAG 1995 dem Kunsthaus Zürich vermachte. Haefner bedankte sich so für die Unterstützung, welche ihm Stadt und Kanton in seiner Jugend gewährten und die es ihm als Sohn wenig begüterter Eltern erlaubte, das Handelsgymnasium zu besuchen.
Mit besonderer Hingabe widmete er sich in der Freizeit auch den Pferden, resp. dem Reitsport. Viele Jahre war er aktiv und sehr erfolgreich an Pferderennen anzutreffen. In Irland wurde Walter Haefner für seinen grossen Beitrag im wichtigen Wirtschaftszweig Vollblutzucht mit dem Ehrendoktor ausgezeichnet. Seit 1962 werden in seiner Moyglare Stud Farm mit grossem Erfolg edle Rennpferde gezüchtet, die weltweit auf den bekannten Rennplätzen anzutreffen sind.
Ein grosser Gönner und Spender
Wenig bekannt ist sein langjähriges Engagement für die Jugend und die Betagten, die Kunst und die Forschung. So organisierte er bereits in den frühen Fünfzigerjahren Ausfahrten für Betagte – unter dem Motto «Die Jungen für die Alten». Dabei chauffierten bis zu 400 AMAG-Kunden in einer langen Autokolonne ältere Mitmenschen aus Heimen und Spitälern durch die Frühlingslandschaft. In den 60er Jahren gründete er die Alberto Giacometti-Stiftung mit, spendete wiederholt für den Ankaufsfond des Kunsthauses, amtete bei der Zürcher Kunstgesellschaft als Vorstandsmitglied und versorgte das Opernhaus sowie das Zürcher Kammerorchester mit entsprechenden Mitteln. Sein Vertrauen in junge Talente zeigte sich auch bei der Unterstützung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Über seine Zuwendungen unterstützte er Forschende, Lehrer und Studierende der ETH.
Viele Jahre stellte er auch Mittel für den «Smile Train», eine internationale Organisation, die in Entwicklungsländern Kinder mit Lippen-/Gaumenspalten kostenfrei operiert. Seit der Gründung konnten knapp 800’000 Kinder operiert werden.
Erst 2006, im Alter von 95 Jahren, übergab Walter Haefner die Führung der Careal Holding, zu der auch die AMAG gehört, an seinen Sohn, Martin Haefner. Die Leitung der Moyglare Stud Farm hat seine Tochter Eva-Maria Bucher-Haefner seit vier Jahren inne. Die Unternehmensgruppe wird bereits heute von der zweiten Generation geführt und bleibt weiterhin in Familienbesitz. Haefners Vermögen wurde auf 7 Mrd Franken geschätzt. Er galt als ältester Milliardär der Welt. (AMAG/mc/pg)