Bern – Beim Anlegerschutz nähern sich National- und Ständerat einer Einigung. Der Ständerat ist am Montag in einem wichtigen Punkt dem Nationalrat gefolgt: Die Beweislast liegt weiterhin bei geschädigten Anlegern und nicht bei der Bank.
Zur Debatte stand, wer haftet, wenn ein Prospekt oder ein Basisinformationsblatt zu einem Finanzprodukt unrichtige, irreführende oder widerrechtliche Informationen enthält und der Kunde dadurch geschädigt wird. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dass jeder haftet, der dabei mitgewirkt hat – soweit er nicht beweist, dass ihn kein Verschulden trifft. Damit wäre die Beweislast umgekehrt worden.
Der Nationalrat wollte davon aber nichts wissen. Nun hat der Ständerat nachgegeben. Die Räte einigten sich auf folgende Regelung: Wer unrichtige, irreführende oder den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechende Angaben macht, ohne dabei die erforderliche Sorgfalt anzuwenden, haftet dem Kunden für den Schaden.
Beweislast beim Geschädigten
Die Mehrheit befand, es gebe keinen Grund, von den allgemeinen Haftungsregeln abzuweichen. Im Nationalrat war auch vor einer Prozessflut gewarnt worden.
Für eine Umkehr der Beweislast setzte sich eine linke Minderheit ein. Anita Fetz (SP/BS) stellte fest, dem Gesetz werde «einer der letzten Zähne» gezogen. Sie erinnerte an die Erfahrungen mit Lehman Brothers. Es sei schlicht nicht möglich, einer Bank nachzuweisen, dass sie ihre Sorgfaltspflicht verletzt habe. Der Rat lehnte den Antrag der Minderheit aber mit 26 zu 14 Stimmen bei einer Enthaltung ab.
Widerrufsrecht wird eingeschränkt
Auf die Linie des Nationalrates eingeschwenkt ist der Ständerat auch beim Widerrufsrecht: Für Verträge, die im Rahmen bestehender Finanzdienstleistungsverträge abgeschlossen werden, soll bei Haustür- und Telefongeschäften kein Widerrufsrecht mehr bestehen.
Ursprünglich wollte der Ständerat – wie der Bundesrat – nichts am vierzehntägigen Widerrufsrecht ändern, während der Nationalrat dieses in dem Bereich ganz abschaffen wollte. Nun hat der Ständerat einer Einschränkung des Widerrufsrecht zugestimmt, mit 31 zu 11 Stimmen.
Missbrauch verhindern
Aus Sicht der Mehrheit geht es darum, Missbrauch zu verhindern. Nach geltendem Recht könne jemand ein Börsengeschäft tätigen und bei sinkenden Kursen sein Widerrufsrecht geltend machen, gab Kommissionssprecher Martin Schmid (FDP/GR) zu bedenken.
Roberto Zanetti (SP/SO) erwiderte, mit der Änderung werde der Konsumentenschutz geschwächt. Das sei nicht das Ziel gewesen. Auch habe es dazu keine Vernehmlassung gegeben. Da der Nationalrat bei der Einschränkung des Widerrufsrecht etwas weiter gehen möchte als der Ständerat, wird er über diesen Punkt noch einmal befinden.
Weniger Informationspflichten
Ebenfalls nachgegeben hat der Ständerat bei den Informationspflichten. Die Räte haben diese abgeschwächt: Die Finanzdienstleister sollen die Kundinnen und Kunden nicht informieren müssen, wenn sich beispielsweise das Anlagerisiko bei einem Finanzinstrument nachträglich wesentlich ändert.
Ferner haben sich die Räte bei den Bussen geeinigt. In anderen Punkten hat der Ständerat an seiner Version festgehalten. So will er nicht, dass die Branche Mindeststandards für die Aus- und Weiterbildung der Kundenberater erlassen muss, die der Bundesrat als verbindlich erklären könnte.
Beteiligungskapital für Raiffeisen
Uneinig sind sich die Räte auch noch in der Frage, ob Genossenschaftsbanken wie Raiffeisen erlaubt werden soll, Beteiligungskapital aufzunehmen, um die Eigenkapitalbasis zu stärken. Der Ständerat beharrt darauf.
Das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) gehen nun ein letztes Mal zurück an den Nationalrat. Bestehen anschliessend noch Differenzen, muss sich die Einigungskonferenz damit befassen. (awp/mc/ps)