Bern – Die Lage auf dem Schweizer Arbeitsmarkt entspannt sich weiter, wenn auch nur langsam. Zu reden gibt bei den Arbeitsvermittlungszentren derzeit die geplante Stellenmeldepflicht.
Insgesamt 133’926 Personen waren Ende Juli bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) gemeldet, entsprechend einer zum Juni unveränderten Arbeitslosenquote von 3,0%. Bereinigt um saisonale Schwankungen verharrte die Arbeitslosenquote wie von Ökonomen erwartet den dritten Monat in Folge bei 3,2%.
Die leichte absolute Zunahme von Arbeitslosen um 323 Personen gegenüber dem Juni erklärte Boris Zürcher, Leiter Arbeitsmarkt beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), mit der einsetzenden saisonalen Trendwende.
Vorsorglich aufs RAV
Ins Gewicht fielen insbesondere die vielen Schul- und Lehrabgänger, die sich im Juli vorsorglich bei den RAV einschrieben. Sie liessen die Jugendarbeitslosigkeit zum Vormonat um gut 1’500 Personen oder 11% anschwellen. Im Vorjahresvergleich zeigt sich indes ein deutlicher Rückgang um 8,4%.
Die Erholung am Arbeitsmarkt ist inzwischen auch bei den über 50-jährigen angekommen, wie Zürcher am Dienstag an einer Telefonkonferenz erläuterte. Im Juli waren den zweiten Monat in Folge weniger ältere Arbeitnehmende ohne Stelle (-467 Personen gegenüber Juni). Auch bei den Langzeitarbeitslosen ist ein Rückgang feststellbar. Zudem waren fast 1’700 Personen weniger auf Stellensuche als noch im Juni.
Einen Rückgang der Arbeitslosigkeit zählte das Seco, typischerweise für die Saison, etwa im Bau- und Gastgewerbe, wo die Arbeitslosenzahl im Juli um gut 1’000 zurückgegangen ist. Demgegenüber nahm die Zahl bei der Berufsgruppe «Unterricht, Bildung, Seelsorge und Fürsorge) um rund 650 zu.
Diskussion um Softwareeffizienz
Brisanter als die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist derzeit die Frage, wie die RAV die Mehrarbeit im Zuge der geplanten Stellenmeldepflicht im Rahmen des «Inländervorrang light» bewältigen sollen. Die «SonntagsZeitung» hatte berichtet, dass den Zentren Software und Know-how für eine effiziente Personalvermittlung fehlten. Für die IT-Systeme der Zentren ist das Seco zuständig.
Um Bewerbern aus der Schweiz bei Stellenbesetzungen einen Vorrang gegenüber Ausländern zu gewähren, müssen Arbeitgeber künftig freie Stellen in Berufen mit einer landesweiten Arbeitslosenquote von mindestens 5% den Arbeitsämtern melden. Die RAV haben dann drei Tage Zeit, um den Unternehmen geeignete Kandidaten vorzuschlagen.
«Die jetzige IT ist für die Menge an Dossiers in der kurzen vorgegebenen Frist ineffektiv», kritisierte Bruno Sauter, Präsident des Verbands Schweizerischer Arbeitsmarktbehörden in der «SonntagsZeitung». Und Tino Senoner von der Schweizerischen Stiftung für Arbeit und Weiterbildung sagte: «Die Programme müssten dringend weiterentwickelt werden.»
«Programme funktionieren ausreichend»
Zürcher wies am Dienstag die Kritik an den Informatikprogrammen zurück. Einige der RAV sowie rund 1’500 private Arbeitsvermittler arbeiteten bereits mit den entsprechenden Systemen, sagte er: «Die Programme funktionieren ausreichend, um die Anforderungen der geplanten Stellenmeldepflicht erfüllen zu können».
Gleichzeitig räumte er ein, dass das Seco mit den Kantonen unabhängig von der Umsetzung des «Inländervorrang light» daran sei, ein verbessertes flächendeckendes Informatiksystem für die ganze Schweiz zu evaluieren.
270 zusätzliche Stellen
Zürcher bestätigte, dass sich durch den Mehraufwand der Meldepflicht, die per 1. Januar 2018 eingeführt werden soll, der Stellenbestand bei den Vermittlungszentren um rund 270 erhöhen werde. Für die Kantone sei diese Aufstockung eine grosse Herausforderung.
Bereits früher hatte das Seco geschätzt, dass mit der neuen Regelung Arbeitgeber jährlich etwa 218’000 offene Stellen melden müssen. Das wären rund 180’000 mehr, als in den betreffenden Berufsarten 2016 freiwillig gemeldet wurden. Die Vernehmlassung zum «Inländervorrang light» läuft noch bis September. (awp/mc/upd/ps)