Bern – In der Schweiz sind so wenig Menschen ohne Arbeit wie seit langem nicht mehr. Erstmals seit knapp elf Jahren fiel die Zahl der Arbeitslosen unter die Schwelle von 100’000.
Insgesamt waren im Juni 97’222 Personen bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) als arbeitslos registriert, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Dienstag mitteilte. Verglichen mit dem Vormonat entspricht dies einem Rückgang von 4’148 Personen oder 4,1 Prozent.
Zuletzt lag die Zahl im September 2008 im fünfstelligen Bereich. Das war noch bevor die Finanzmarktkrise auf den Arbeitsmarkt durchschlug und die Arbeitslosenzahl bis Anfang 2010 auf über 175’000 ansteigen liess.
Tiefpunkt wohl erreicht
In den vergangenen gut drei Monaten hätten vor allem saisonale Effekte zu der aktuell tiefen Arbeitslosigkeit geführt, erklärte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Seco, an einer Telefonkonferenz. Die Beschäftigung habe etwa in Branchen wie dem Bau oder dem Gastgewerbe zugenommen. Doch damit sei der Tiefpunkt in diesem Jahr wohl erreicht worden, glaubt Zürcher. Denn in der Tendenz nehmen die saisonalen Effekte, welche die Entwicklung zuletzt begünstigten, in den Monaten Juli und August ab. Zudem gehen im Spätsommer viele Schul- und Lehrabgänger auf Arbeitssuche.
Nahezu Vollbeschäftigung
Auf einem historisch sehr tiefen Niveau bewegt sich im Juni auch die Arbeitslosenquote. Sie nahm auf Basis einer neuen Berechnungsgrundlage zum Vormonat um 0,1 Prozentpunkte auf 2,1 Prozent ab und lag saisonbereinigt bei unverändert 2,3 Prozent. Ökonomen hatten im Vorfeld mit leicht höheren Werten gerechnet.
Neu werden die Arbeitslosenzahlen nicht mehr im Verhältnis zu der Zahl der Erwerbspersonen der Jahre 2012 bis 2014 berechnet, sondern zu jener der Jahre 2015 bis 2017. Der Nenner für die Berechnung der Quote hat sich dadurch erhöht. Künftig will das Seco diesen nicht wie bis anhin alle zehn, sondern alle zwei bis drei Jahre anpassen.
Arbeitslosenquote bei 2,2%
Anhand der in den letzten Monaten verwendeten Basis läge die Arbeitslosenquote bei 2,2 Prozent. Doch ob mit oder ohne die neuen Berechnungsgrundlagen, die Arbeitslosenquote steht auf einem derart tiefen Niveau wie zuletzt Ende 2001. «Die Schweiz bewegt sich nahe an der Vollbeschäftigung», sagte Zürcher.
Blickt man auf die verschiedenen Alterskategorien, dann zeigt sich, dass die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen im Juni weiter zurückgegangen ist. Zum Ende des Monats waren 9’762 Personen im Alter von 15 bis 24 Jahren beim RAV eingeschrieben. Das ist ein Rückgang von 2,9 Prozent, jedoch verharrte die Jugendarbeitslosenquote bei 1,9 Prozent.
Deutlich weniger Arbeitslose wurden bei älteren Menschen gezählt: Bei den 50 bis 64-Jährigen ging die Zahl um 3,4 Prozent auf 28’101 Personen zurück. In dieser Kategorie fiel die Quote um 0,1 auf 2,1 Prozent.
Der positive saisonale Einfluss machte sich insbesondere bei Arbeitskräften ausländischer Herkunft bemerkbar. Sie sind in Branchen wie dem Bau und dem Gastgewerbe stark vertreten. In dieser Kategorie gingen die Arbeitslosenzahl um 6,1 Prozent und die Arbeitslosenquote um 0,2 Punkte auf 3,6 Prozent zurück.
Weniger Stellensuchende
Auch bei der Zahl der Stellensuchenden war im Juni ein Rückgang zu verzeichnen. Insgesamt suchten laut Seco mit 170’800 Personen 5’328 weniger eine Stelle. Das ist ein Rückgang von 3,0 Prozent und verglichen mit dem Vorjahr ging dieser Wert um 5,0 Prozent zurück.
Die Zahl der bei den RAV ausgeschriebenen Jobs sank im Berichtsmonat um 204 auf 37’186. Davon unterlagen laut Seco 22’424 der Stellenmeldepflicht, die seit einem Jahr gilt. Unternehmen müssen freie Stellen für Berufsarten mit einer Arbeitslosenquote von mindestens 8 Prozent vorab den RAV melden. (awp/mc/pg)