Bern – Die Arbeitslosigkeit in der Schweiz hat sich im Mai den fünften Monat in Folge zurückgebildet. Treiber für die Verbesserung am Arbeitsmarkt war allerdings ein starker Saisoneffekt: In der Bauwirtschaft und weiteren saisonabhängigen Branchen wurden erneut mehr Arbeitskräfte gebraucht.
Die Arbeitslosenquote fiel im Mai auf 2,3 Prozent von 2,4 Prozent im April, wie am Freitag veröffentlichte Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zeigen. So waren 5,5 Prozent weniger Personen arbeitslos gemeldet als noch im Vormonat und 7,3 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.
Die vom Seco veröffentlichten Zahlen sind keine Überraschung: Die von AWP befragten Ökonomen hatten mit Werten in dieser Grössenordnung gerechnet.
Nur saisonbedingt
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit ist fast ausschliesslich auf saisonale Effekte zurückzuführen. Die Konjunktur habe im Mai bereits den zweiten Monat in Folge kaum mehr einen Beitrag geleistet, sagte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Seco, an einer Telefonkonferenz. Auch wenn sich die seit Jahresanfang anhaltende positive Entwicklung am Arbeitsmarkt fortgesetzt habe, sieht das Seco nun einen «Boden» erreicht.
«Der Arbeitsmarkt hat in eine Seitwärtsbewegung gemündet und reflektiert die sich normalisierende Konjunktur», sagte Zürcher. Dieser schliesst zwar nicht aus, dass die Arbeitslosenquote im Juni um einen weiteren Zehntel auf 2,2 Prozent sinkt. «Dann aber dreht der Saisoneffekt», sagte Zürcher.
Üblicherweise erreicht die Arbeitslosigkeit im Januar jeweils ihren Höchststand – wenn es vor allem im Bau und der Gastronomie weniger zu tun gibt – und nimmt ab dann bis zur Jahresmitte wieder ab.
Bau boomt
Im Mai 2019 sei die Arbeitslosigkeit im Bauwesen denn auch «sehr markant» zurückgegangen, sagte Zürcher. Entsprechend verzeichnete die Arbeitslosigkeit bei den ausländischen Personen einen deutlichen Rückgang, wo die Quote noch 4,1 Prozent betrug nach 4,4 Prozent im April.
Da Ausländer in saisonabhängigen Branchen klar übervertreten seien, sei das ein typisches Muster, sagte Zürcher. Die Arbeitslosenquote bei Schweizer Staatsbürgern sank um 0,1 auf 1,6 Prozent.
Für das Gesamtjahr 2019 erwarte das Seco weiterhin im Schnitt eine Arbeitslosenquote von 2,4 Prozent, wie Zürcher sagte. Danach dürfte sich Arbeitslosenquote im Jahresmittel 2020 leicht auf 2,6 Prozent erhöhen.
Die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt zog sich durch alle Altersgruppen hindurch: Die Arbeitslosenquote der Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahren sank im Mai um 0,1 Prozentpunkte auf 1,8 Prozent. Ähnlich positiv haben sich die Arbeitslosenzahlen bei den Menschen ab 50 Jahren entwickelt. Hier liegt die Arbeitslosenquote ebenfalls um 0,1 Prozent tiefer bei 2,2 Prozent.
Damit sind laut Seco 29 Prozent aller Arbeitslosen sind über 50 Jahre alt. Davon sei jede vierte Person langzeitsarbeitslos. Als Langzeitarbeitsloser gilt, wer länger als ein Jahr Arbeitslosengelder bezieht.
Verschiedene Berechnungen
Die Schweiz dürfte auf den ersten Blick ihre europäischen Nachbarn vor Neid erblassen lassen. Allerdings lässt sich die vom Seco erhobene Quote nicht mit den internationalen Zahlen vergleichen, wird sie doch ganz anders erhoben. Für den internationalen Vergleich eignet sich die vom Bundesamt für Statistik (BFS) erhobene Erwerbsquote besser.
Nach den ILO-Vorgaben hingegen zählt jede Person als arbeitslos, die dauerhaft in der Schweiz wohnhaft ist, keine Arbeit hat, auf der Suche nach einer Anstellung ist und kurzfristig eine solche Stelle antreten könnte. Das Seco dagegen rechnet nur diejenigen Arbeitslosen ein, die bei einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) gemeldet sind.
Die Erwerbslosenquote ist daher üblicherweise höher als die Arbeitslosenquote. Der Anteil der Erwerbslosen an der Erwerbsbevölkerung lag im ersten Quartal 2019 bei 4,9 Prozent und damit im Vergleich zum vierten Quartal 2018 um 0,3 Prozentpunkte höher. (awp/mc/ps)