Keine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt
Bern – Zwar hat sich die Schweizer Wirtschaft in den letzten Monaten robuster gehalten als erwartet. Doch auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich diese Entwicklung noch nicht. Die langersehnte Trendwende bleibe noch aus, sagte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), am Freitag in einer Telefonkonferenz. Der Arbeitsmarkt hinke der konjunkturellen Entwicklung etwa drei bis sechs Monate hinterher.
Ende August waren 142’858 Personen bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingeschrieben. Das sind 3548 Personen mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote stieg im August auf 3,2% von 3,1% im Juli.
Anstieg überrascht nicht
Überraschend ist der Anstieg nicht. Gegen Ende Sommer steigt die Arbeitslosigkeit meistens. Ein Grund dafür sind beispielsweise Jugendliche, die nach dem Schul- oder Lehrabschluss keine Stelle finden. Charakteristisch für den Monat August ist darum auch der Anstieg bei der Jugendarbeitslosigkeit. Sie hat sich um ein Fünftel erhöht auf 20’640 Jugendliche. Im Vergleich zum Vorjahr blieb die Zahl aber nahezu stabil. Zürcher spricht von einem «normalen saisonalen Muster».
Stabile Zahlen aus der Industrie
Nach Branchen betrachtet zeigte sich die Industrie stabil, während beispielsweise im Erziehungs- und Unterrichtswesen vermehrt Personen arbeitslos wurden. Auch dies dürfte mit der Logik des beginnenden Schuljahrs zu tun haben.
Nach Regionen betrachtet registrierten das Tessin und der Kanton Graubünden weniger Arbeitslose. Treiber sind die Baubranche sowie der Tourismus.
Saisonbereinigt stieg die Arbeitslosenquote gesamtschweizerisch ebenfalls leicht, auf 3,4% von 3,3%.
Mehr Aussteuerungen
Personen, die nicht mehr bei den RAV gemeldet sind, werden in der Arbeitslosenstatistik nicht mitgezählt. Die Statistik zeigt daher ein unvollständiges Bild. Die Zahl der Aussteuerungen ist derzeit (Stand Juni) so hoch wie in den letzten fünf Jahren nicht mehr. Mit 4064 Personen wurden im Juni so viele Personen ausgesteuert wie letztmals im März 2011. Damals waren aufgrund der Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) über 15’000 Personen ausgesteuert worden.
Die Revision führte zu einer Verkürzung der Bezugsdauer von Taggeldern. Die Arbeitslosen verlieren ihr Recht auf Arbeitslosenentschädigungen damit schneller. Die Reduktion der Bezugsdauer führt zu 20 bis 30 Aussteuerungen mehr pro Monat, das heisst also etwa 300 mehr pro Jahr.
«Aussteuerung bedeutet keine Sackgasse»
Die hohe Zahl im Juni hat einerseits mit technischen Umständen und einem Datumseffekt zu tun. Doch der höhere Bestand an Arbeitslosen führt auch zu einer höheren Zahl an Aussteuerungen, wie Zürcher erläuterte. Die Arbeitslosen- und Stellensuchenden-Bestände sind seit 2011 um je über 10% gestiegen. Zugleich sagt Zürcher, dass die Mehrheit der Ausgesteuerten den Weg zurück in die Arbeitswelt findet. «Aussteuerung bedeutet keine Sackgasse». (awp/mc/pg)