Schweizer Arbeitslosigkeit bleibt auch nach saisonaler Wende tief
Bern – Der langsamere Gang der Weltwirtschaft ist noch nicht auf dem Schweizer Arbeitsmarkt angekommen. Die Arbeitslosenquote liegt weiterhin auf einem historisch tiefen Niveau.
Zwar stieg diese im Oktober 2019 leicht auf 2,2 Prozent, nachdem sie im September noch 2,1 Prozent betragen hatte. Bereinigt um saisonale Effekte verharrte die Quote aber bei 2,3 Prozent.
«Die Zunahme ist also rein saisonal bedingt», sagte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), an einer Telefonkonferenz. Schuld am leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit ist also nicht die Konjunktur, sondern die Jahreszeit.
Dabei lassen derzeit zahlreiche Frühindikatoren auf eine Eintrübung der Wirtschaft rund um den Globus schliessen. «Diese Eintrübung ist jedoch noch nicht auf dem Schweizer Arbeitsmarkt angekommen», erklärte er. Eine Abschwächung lasse sich erst in der Industrie ablesen.
Beginn der «Zwischensaison»
Branchenmässig wie auch regional zeigt die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen im Oktober das Muster der «Zwischensaison». So nahm die Zahl der Arbeitslosen etwa im Gastgewerbe und entsprechend in Tourismuskantonen wie dem Graubünden oder dem Wallis zu. Auch in der Bauwirtschaft legte die Zahl der als arbeitslos gemeldeten Personen wieder zu.
Die beschriebene saisonale Komponente hatte zur Folge, dass erstmals seit Juni wieder mehr als 100’000 Arbeitslose bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingeschrieben waren. Davor hatte die Anzahl letztmals im September 2008 unter dieser Marke gelegen. Das war noch bevor die Finanzmarktkrise auf den Arbeitsmarkt durchschlug und die Arbeitslosenzahl bis Anfang 2010 auf über 175’000 ansteigen liess.
Insgesamt waren gemäss den Erhebungen des Seco Ende Oktober 101’684 Arbeitslose eingeschrieben. Das sind 2’586 mehr als im Vormonat. Im Vergleich zum Vorjahresmonat verringerte sich die Zahl allerdings um 5’631 Personen (-5,2 Prozent).
Mehr ausländische Arbeitslose
Aufgeschlüsselt nach Regionen lag die Arbeitslosenquote in der deutschen Schweiz mit 1,9 Prozent (Vormonat: 1,8 Prozent) weiterhin deutlich tiefer als in der Westschweiz und im Tessin mit 3,1 Prozent (3,0 Prozent). Sehr tief war die Quote mit unverändert 1,6 Prozent bei den Schweizern.
Der saisonale Einfluss machte sich insbesondere bei Arbeitskräften ausländischer Herkunft bemerkbar. Sie sind in Branchen wie dem Bau und dem Gastgewerbe stark vertreten. In dieser Kategorie stieg die Arbeitslosenzahl um 5,1 Prozent und die Arbeitslosenquote um 0,2 Punkte auf 3,8 Prozent.
Nach Alter nahm die Arbeitslosenquote bei den 25- bis 49-Jährigen (2,3%) sowie bei den über 50-Jährigen (2,1%) leicht zu. Die Zahl der jungen Arbeitslosen (15-24 Jahre) ging hingegen leicht auf 2,3 Prozent zurück.
ALV am Jahresende schuldenfrei
Mit noch einer guten Nachricht wartete Zürcher am Ende der Telefonkonferenz auf: Das Loch in der Arbeitslosenversicherung (ALV) ist demnächst gestopft. «Der Fonds der Arbeitslosenversicherung ist per Ende Jahr voraussichtlich schuldenfrei», sagte er.
Noch vor zehn Jahren stand die ALV beim Bund mit mehr als sieben Milliarden Franken in der Kreide. Der Schuldenabbau gelang aus zwei Gründen: Die gute Lage am Arbeitsmarkt und das Solidaritätsprozent. Seit 2011 tragen Gutverdienende mit Einkommen über 126’000 Franken zur Entschuldung der Arbeitslosenversicherung bei.
Die zusätzliche Abgabe entfällt dann, wenn die ALV ihre Schulden abgebaut und wieder ein genügendes Eigenkapital aufgebaut hat. Zürcher rechnet damit, dass dies 2021 der Fall sein wird und das Solidaritätsprozent ab dann wegfallen wird, was die Kaufkraft stärken wird. (awp/mc/pg)