Bern – Der Schweizer Arbeitsmarkt trotzt der Eintrübung des Konjunkturumfeldes. Die Arbeitslosenquote verharrt auf historisch tiefem Niveau – auch wenn die saisonale Wende bereits eingetreten ist.
Im August verharrte die Arbeitslosenquote bei 2,1 Prozent, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Montag mitteilte. «Es zeichnet sich ab, dass der Boden allmählich erreicht ist», sagte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Seco, an einer Telefonkonferenz. Das heisst, die Arbeitslosigkeit dürfte nun wieder zunehmen. Schuld daran ist aber nicht die Konjunktur, sondern die Jahreszeit.
Bis zur Jahresmitte drückt der saisonale Effekt die Arbeitslosigkeit üblicherweise: Auf dem Bau und im Gastgewerbe gibt es mehr Arbeit. Wenn sich im Spätsommer Schul- und Lehrabgänger auf die Jobsuche machen, steigen die Arbeitslosenzahlen dann wieder.
Steigende Jugendarbeitslosigkeit
In der Tat legte die Jugendarbeitslosigkeit im Berichtsmonat um deutliche 21 Prozent zu. Die Quote der bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingeschrieben Arbeitslosen im Alter von 15 bis 24 Jahren erhöhte sich relativ stark von 2,1 auf 2,5 Prozent. «Diese Quote bildet sich üblicherweise über das Jahr wieder zurück», erklärte Zürcher.
Die sogenannte «saisonale Wende» scheint aber trotz dieser Zahlen immer noch nicht so richtig anzukommen am Schweizer Arbeitsmarkt: Die Zahl der Stellensuchenden sank auch im August gegenüber dem Vormonat geringfügig, während erneut mehr offene Stellen gemeldet wurde.
Die Zahl der den Arbeitsämtern gemeldeten offenen Stellen stieg im August um 0,6 Prozent auf 38’478. Rund zwei Drittel der jetzt gemeldeten Jobs fielen allerdings unter die Meldepflicht, die vor einem Jahr für Berufsarten mit einer Arbeitslosenquote von mindestens 8 Prozent eingeführt wurde.
Zürcher sprach daher von einer «ambivalenten» Situation. Bereinigt um saisonale Effekte blieb die allgemeine Arbeitslosenquote im August bei 2,3 Prozent.
Weiter unter 100’000
Insgesamt waren Ende August 99’552 Personen bei den RAV als arbeitslos eingeschrieben. Das sind 2,0 Prozent mehr als im Juli und zugleich 7,7 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.
Damit lag die Zahl den dritten Monat in Folge im fünfstelligen Bereich, betonte Zürcher. Das war davor im September 2008 letztmals der Fall. Das war noch bevor die Finanzmarktkrise auf den Arbeitsmarkt durchschlug und die Arbeitslosenzahl bis Anfang 2010 auf über 175’000 ansteigen liess.
«Der Schweizer Arbeitsmarkt zeigt insgesamt noch keine Bremsspuren», resümierte Zürcher. Die Arbeitslosenquote dürfte bis Jahresende tief bleiben. Laut der Seco-Prognose soll sie für das ganze Jahr 2019 bei 2,4 Prozent liegen.
Höhere Voranmeldungen für Kurzarbeit
Als mögliches Indiz für den Zustand des Schweizer Arbeitsmarktes gelten die Daten zur Kurzarbeit. «Die Voranmeldungen sind jüngst etwas gestiegen», sagte Zürcher. Sie lägen aber nach wie vor auf einem historisch tiefen Niveau. Das Thema hat zuletzt aufgrund der schwächelnden Industriekonjunktur wieder mehr Beachtung gefunden.
Laut den für den Monat Juni effektiv ausgewiesenen Daten – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – waren 9,7 Prozent mehr Personen von Kurzarbeit betroffen. In absolute Zahl stieg um 133 auf 1’507 Personen. Vor einem Jahr waren nur halb so viele Personen von Kurzarbeit betroffen.
Für eine kleinere Zahl an offenen Stellen in der Industrie spricht derweil der Schweizer Einkaufsmanager-Index (PMI). Laut diesem Anfang September veröffentlichten Indikator wurde bei der Subkomponente «Beschäftigung» der tiefste Wert seit Juli 2016 gemessen. Die Unterauslastung der Kapazitäten lasse «durchaus» einen andauernden Stellenabbau erwarten, erklärten die Studienautoren seinerzeit. (awp/mc/pg)