Bern – Die Arbeitslosigkeit in der Schweiz bewegt sich nach wie vor auf einem sehr tiefem Niveau, auch wenn sich die Zahlen gegenüber dem Vorjahr etwas verschlechtert haben. Während im Dienstleistungssektor zum Teil noch händeringend nach Personal gesucht wird, ziehen in der Industrie Wolken auf.
Schweizweit lag die Arbeitslosenquote im Juni, wie vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Donnerstag gemeldet, bei 2,3 Prozent und bei etwas höheren 2,4 Prozent, wenn saisonale Effekte ausgeklammert werden. Damit sind die Quoten zum Vormonat nicht von der Stelle gerückt.
Gar einen Rückgang weist das Seco bei der Arbeitslosenzahl aus: In den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) waren Ende Juni 104’518 Menschen und somit 947 weniger als im Mai als arbeitslos gemeldet. Zudem haben knapp 1500 weniger Personen bei den RAV nach einer Stelle gesucht.
Anstieg im Vorjahresvergleich
Der weitere Blick zurück verrät aber, dass sich die Lage am Schweizer Arbeitsmarkt eintrübt. Seit Juni 2023 ist die Arbeitslosenzahl um beinahe 20’000 Personen und jene zu den Stellensuchenden um gut 24’300 angestiegen. Damals lag die Arbeitslosenquote auf rekordverdächtig tiefen 1,9 Prozent und bereinigt bei 2,0 Prozent.
Zunächst im Herbst und dann seit diesem Frühjahr seien die saisonbereinigten Werte in der Arbeitslosenstatistik leicht angestiegen, erklärte Oliver Schärli, Leiter des Bereichs Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung im Seco, an einer Telefonkonferenz. Vor allem in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) sei dies der Fall gewesen.
Schärli geht davon aus, dass die Beschäftigungslage im Industriesektor vorerst gedämpft bleibt und sich frühestens im kommenden Jahr verbessert. Im Juni liege die unbereinigte Arbeitslosenquote in der Industrie denn auch mit 2,7 Prozent auf einem erhöhten Niveau.
Dank der anhaltend guten Nachfrage nach Arbeitskräften im Dienstleistungssektor sieht das Gesamtbild weiterhin gut aus. So geht man beim Seco davon aus, dass die Arbeitslosenquote im Gesamtjahr 2024 im Durchschnitt bei 2,4 Prozent liegen wird und im Folgejahr nur leicht auf 2,6 Prozent anzieht.
Unwetter führen zu Kurzarbeit
Ein Indikator zum Zustand der Schweizer Wirtschaft und am Arbeitsmarkt ist die Kurzarbeit. Allerdings legt das Seco definitive Daten dazu zeitverzögert vor. Im April ging die Zahl der von Kurzarbeit betroffenen Personen gegenüber März um 1920 auf 3766 deutlich zurück. Und mit knapp 200 Betrieben waren rund ein Viertel weniger Firmen in Kurzarbeit.
Doch das Pendel in der Kurzarbeit kann rasch in die Gegenrichtung ausschlagen. Immerhin hat das Seco laut Schärli im Juni für rund 16’500 Arbeitnehmende Anträge auf Kurzarbeit bewilligt. Zudem sei nun in den von den verheerenden Überschwemmungen direkt betroffenen Kantonen mit einem Anstieg der Voranmeldungen zu rechnen. Von den Unwettern wurden etwa das Tessin oder das Wallis hart getroffen.
Wie viele Arbeitnehmende von den Betrieben schlussendlich auf Kurzarbeit gesetzt würden, bleibe aber abzuwarten, gab Schärli zu bedenken. Das hänge von der Dauer des Betriebsunterbruchs ab und auch davon, ab wann mit den Aufräumarbeiten begonnen werden könne. In ähnlichen Fällen in der Vergangenheit seien Angestellte bereits früh wieder im Betrieb gebraucht worden. (awp/mc/ps)