Bern – Der Bund soll über die nächsten fünf Jahre 1,25 Milliarden Franken weniger Geld in die Arbeitslosenversicherung stecken und so zur Sanierung des Bundeshaushalts beitragen. Der Nationalrat hat am Dienstag als Erstrat eine entsprechende Vorlage des Bundesrats gutgeheissen.
Wegen drohender Milliardendefizite in der Bundeskasse will der Bundesrat in den Jahren 2025 bis 2029 den Bundesbeitrag an die Arbeitslosenversicherung (ALV) um insgesamt 1,25 Milliarden Franken kürzen. Der Nationalrat nahm das entsprechende Bundesgesetz über die Massnahmen zur finanziellen und administrativen Entlastung ab 2025 in der Gesamtabstimmung mit 129 zu 62 Stimmen an.
Die Mehrheit war wie die zuständige Kommission der Auffassung, dass die geplante Kürzung einen wesentlichen Beitrag leiste, um die strukturellen Defizite ab 2025 zu bereinigen. Die Massnahme könne ohne Auswirkungen auf die Leistungen der ALV umgesetzt werden und sei angesichts der hohen ausserordentlichen Beiträge des Bundes an die ALV im Rahmen der Covid-Pandemie vertretbar.
Diese Kürzung in den Jahren 2025 bis 2029 sei ohne leistungsseitige Anpassungen umsetzbar, weil die ALV über genügend Eigenkapital verfüge, sagte Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Halte die gute Arbeitsmarktlage an, werde das Eigenkapital des ALV-Fonds in den kommenden Jahren trotz Kürzungen der Bundesbeiträge weiter wachsen. Sollte sich die Arbeitsmarktlage stark verschlechtern, verhindere eine Ventilklausel, dass die ALV in eine finanzielle Schieflage gerate.
Alternative Vorschläge abgelehnt
Für eine linke Minderheit ist diese Kürzung nicht nachhaltig. Längerfristig führe sie zu einer Schwächung der ALV. Die Reserven der ALV gehörten den Versicherten, machten mehrere Rednerinnen und Redner der SP und der Grünen geltend. Mit der Vorlage würde eine Reduktion der Beiträge für Arbeitnehmende und Arbeitgebende verzögert.
Einen Antrag, welcher eine temporäre Wiedereinführung des Solidaritätsprozentes zur Kompensation der Ausfälle für die ALV verlangte, lehnte der Nationalrat mit 129 zu 62 Stimmen ab. Nein sagte er auch zu einem Rückweisungsantrag, mit dem der Bundesrat hätte beauftragt werden sollen, dem Parlament neue Einnahmemöglichkeiten und eine neue Regelung zum Abbau der Schulden aus der Covid-Pandemie mit einer Verbuchung auf dem Ausgleichskonto vorzulegen.
Konsens herrschte im Nationalrat jedoch darüber, dass es weitere Massnahmen braucht, um den Bundeshaushalt längerfristig zu stabilisieren. Eine Arbeitsgruppe des Bundes evaluiert derzeit mögliche Handlungsfelder zur Reduktion der stark gebundenen Ausgaben.
Der Bundeshaushalt befindet sich in einem strukturellen Ungleichgewicht: Die Ausgaben wachsen stärker als die Einnahmen. Neben der raschen Erhöhung der Armeeausgaben werden beispielsweise die Ausgaben für die AHV und für die Gesundheit aufgrund der demografischen Entwicklung weiterhin stark wachsen.
Keine Kürzung des Kantonsanteils
Die Vorlage zur Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) sowie des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG) geht nun an den Ständerat. Der Bundesrat hatte diese nach der Vernehmlassung entschlackt.
Anders als zunächst geplant verzichtete er auf einen tieferen Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer. Grund dafür sei, dass das Parlament bei der Kita-Finanzierung einen neuen Ansatz verfolge, der deutlich geringere Kosten für den Bund zur Folge hätte, sagte Keller-Sutter.
Der Bundesrat halte aber inhaltlich daran fest, dass eine allfällige Vorlage zur familienergänzenden Kinderbetreuung primär durch die Kantone und/oder die Wirtschaft finanziert werden müsse. Derzeit läuft eine Vernehmlassung zur Frage der künftigen Kita-Finanzierung. Die zuständige Ständeratskommission schlägt im Familienzulagengesetz ein Finanzierungssystem über Arbeitgeber- und allenfalls über Arbeitnehmerbeiträge vor. (awp/mc/ps)