Schweizer Arbeitsmarkt stehen stürmische Zeiten bevor

Bern – Der Schweizer Arbeitsmarkt steht vor einer harten Belastungsprobe. Schon im März hat die Coronakrise erste Spuren hinterlassen. So ist die Arbeitslosenquote auf 2,9 Prozent gestiegen, nachdem sie im Februar bei 2,5 Prozent gelegen hatte.

Um saisonale Faktoren bereinigt lag die Quote bei 2,8 Prozent, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Dienstag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur AWP befragte Ökonomen hatten im Vorfeld in etwa mit solchen Werten gerechnet.

«Vor allem ab Mitte März, mit dem Ausruf der ausserordentlichen Lage, haben wir einen sprunghaften Anstieg der Arbeitslosenzahlen verzeichnet», sagte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), am Dienstag während einer Telefonkonferenz.

«Waren die Zahlen Anfang März noch leicht rückläufig, stieg die Zahl der Arbeitslosigkeit um rund 1’900 Personen pro Werktag», führte Zürcher weiter aus. Insgesamt waren laut Seco Ende März 135’624 Personen bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) arbeitslos gemeldet. Das waren 17’802 mehr als noch im Vormonat.

Hoffnung ruht auf Kurzarbeit
«Mit diesen Zahlen haben wir das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht», so der Seco-Leiter weiter. Er gehe davon aus, dass die Arbeitslosenquote noch weiter zulegen werde. Allerdings dürften Massnahmen wie Kurzarbeit «das Schlimmste verhindern», zeigt er sich gleichzeitig hoffnungsvoll. «Das Vehikel Kurzarbeit kann voraussichtlich eine Massenentlassungswelle in der Schweiz abwenden.»

Tatsächlich sind die Zahlen beachtlich. So haben bis zum gestrigen Montag 131’000 Betriebe für etwa 1,45 Millionen Erwerbstätige Kurzarbeit beantragt. Das entspricht etwa 29 Prozent aller Erwerbstätigen in der Schweiz. Dem Seco-Mann zufolge könnte diese Zahl im schlimmsten Fall bis auf 50 Prozent ansteigen. Allerdings würden nicht alle Gesuche auch automatisch eine Auszahlung erhalten.

Zum Vergleich: Im Januar 2020 waren 3’717 Personen bei 178 Betrieben in Kurzarbeit.

Mittel reichen für ein paar Monate
Kurzarbeit gilt als ein Instrument gegen die sonst drohenden Massenentlassungen. Entsprechend ist der Hauptzweck dieser Massnahme, Arbeitsplätze zu erhalten.

Gleichzeitig streicht Zürcher aber auch die finanziellen Aspekte heraus. «Der Fonds der Arbeitslosenversicherung (ALV) war per Ende 2019 vollständig entschuldet.» Vielmehr hat die ALV das Geschäftsjahr 2019 mit einem Gewinn von 1,56 Milliarden abgeschlossen.

«Im März haben wir zwischen 50 und 60 Millionen an Kurzarbeitsgeldern ausgezahlt», so Zürcher. Diese Zahl werde im April noch deutlich steigen. «Vieles hängt auch davon ab, wie lange der Lockdown anhält», betont er. Aber für ein paar Monate reichten die Mittel aus.

Jugendarbeitslosigkeit steigt
Derweil beziffert das Seco in seiner Mitteilung die Arbeitslosenquote bei den Jugendlichen (15 bis 24 Jahre) auf 2,8 Prozent, was über den 2,3 Prozent des Vormonats liegt. Bei den älteren Arbeitslosen stieg sie leicht von 2,5 auf 2,7 Prozent an. Die Quote bei den Ausländern erhöhte sich im März von 4,6 auf 5,2 Prozent, bei den Schweizerinnen und Schweizern von 1,8 auf 2,1 Prozent.

Weiter hat das Seco im Berichtsmonat 213’897 Stellensuchende gezählt, das waren 23’498 mehr als im Vormonat. Die Zahl der als offen gemeldeten Stellen nahm um 6’679 ab auf 31’472. Davon unterlagen 18’308 Stellen der im Juli 2018 eingeführten Stellenmeldepflicht für Berufsarten mit einer bestimmten Arbeitslosenquote. Seit Januar 2020 gilt neu ein Schwellenwert von 5 Prozent, zuvor lag er noch bei 8 Prozent.

Die Zahl der Menschen, welche im Verlauf des Monats Januar 2020 ihr Recht aus Arbeitslosenentschädigung ausgeschöpft hatten und ausgesteuert wurden, beziffert das Seco auf 2’905. (awp/mc/ps)

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