Aryzta-Aktien bauen Verluste aus – Sturzflug nach «hässlicher Gewinnwarnung»
Zürich – Die Aryzta-Aktien brechen am Dienstag regelrecht ein und verlieren dabei rund einen Drittel ihres Wertes. Der Grund ist eine überraschende Umsatz- und Gewinnwarnung des irisch-schweizerischen Backwarenkonzerns. Analysten zeigen sich in ersten Kommentaren erschüttert und nehmen ihre Einstufungen zum Teil in Revision. Zunehmend Sorgen bereitet den Experten – trotz gegenteiliger Beteuerung – die Bilanz von Aryzta.
Bis Börsenschluss verlieren Aryzta 32% auf 31 CHF, vorübergehend waren sie sogar unter die 30-CHF-Marke gefallen. In den letzten fünf Jahren hatten die Papiere nie derartige Einbussen erlitten. Der Gesamtmarkt (SPI) zeigt sich derweil leicht im Plus (+0,2%).
Die gehandelten Volumina sind immens: Bislang wechselten 2,6 Mio Papiere den Besitzer, was fast dem Siebenfachen einer durchschnittlichen Tagesmenge entspricht. Die Papiere hatten sich im letzten Herbst wieder über die 40-CHF-Marke zurückgekämpft, nachdem der Kurs zuvor während eines halben Jahres grösstenteils unter dieser Grenze notiert hatte.
«Die Gewinnwarnung von Aryzta ist heftig und wirft eine Reihe von Fragen auf», schreibt der zuständige Analyst der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Fragen gebe es insbesondere zur Finanzierung, nachdem die hoch verschuldete Gesellschaft erst im Dezember eine Finanzierung von nur 386 Mio EUR statt der angestrebten 1 Mrd EUR mittels Schuldscheinen realisiert habe. Seine Einstufung belässt er bei «Marktgewichten».
«Heftige Gewinnwarnung «
Ähnlich negativ klingt es bei der Neuen Helvetischen Bank: Die heutige Gewinnwarnung sei heftig. «Nicht nur das Ausmass ist erschreckend und enttäuschend, sondern dass es sich dabei vor allem nicht um die erste Gewinnwarnung handelt», so die Experten des Instituts. Es dürfte ihrer Meinung nach eine ganze Weile dauern, bis das Vertrauen der Investoren zurückerobert sei.
Auch sie verweisen zudem auf die «alles andere als entspannte» Bilanz: «Gesetztenfalls der Goodwill wäre nicht mehr vollumfänglich werthaltig, wäre in unseren Augen eine frische Eigenkapitalzufuhr wohl nicht auszuschliessen», schreiben sie weiter. Konkret stehe einer Nettoverschuldung von 1,7 Mrd EUR – plus hybride Anleihen von 800 Mio EUR – ein Goodwill von 2,4 Mrd EUR sowie ein Eigenkapital von 3,2 Mrd EUR gegenüber.
Einige Analysten haben nach der Umsatz- und Gewinnwarnung bereits ihre Einstufungen in Revision genommen. Zum Beispiel die UBS-Analysten, welche die Titel bislang zum Kauf empfahlen und sie bei 55 CHF fair bewertet sahen.
Auch Vontobel nimmt das Rating «Hold» und das Kursziel von 45 CHF in negative Revision. Der zuständige Analyst spricht von einer «erneuten hässlichen Gewinnwarnung». Er werde seine diesjährigen Gewinnschätzungen um rund 20% nach unten nehmen. Aryzta strapaziere weiterhin die Anlegernerven, meint er weiter. Seines Erachtens gab es in letzter Zeit kein einziges Quartal ohne Gewinnwarnung. Obschon sich das Management laufend hoch ambitionierte Ziele vorgebe, könne es diese dann doch nicht umsetzen.
Auf dem falschen Fuss erwischt
Auch viele Händler hat die Gewinn- und Umsatzwarnung auf dem falschen Fuss erwischt. Noch Ende November schien anlässlich des Zwischenberichts für das erste Quartal nämlich alles in bester Ordnung. Damals wurden die Ziele bestätigt. Dass Aryzta selber im weiteren Jahresverlauf nun nicht mit einer Gewinnerholung rechne, lasse tief blicken, lautet der Tenor. Der Vertrauensverlust in die Firmenverantwortlichen wiege schwer. (awp/mc/ps)