Aryzta verzichtet nach schlechtem Halbjahr 16/17 auf Ziele
Zürich – Der Backwaren-Konzern Aryzta sorgt für eine weitere Negativüberraschung. Zwar lagen die Zahlen für das erste Halbjahr 2016/17 (per Ende Januar) im Rahmen oder leicht unter den Erwartungen. Schlecht kommt aber an, dass die Gesellschaft für das Gesamtjahr die früher genannten Ziele zurücknimmt und keine neuen nennt.
Unter den aktuellen «Umständen» sieht sich der Verwaltungsrat nicht in der Lage, eine Guidance abzugeben, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Mit den «Umständen» ist angesprochen, dass sich das Unternehmen in einem grossen personellen Umbruch befindet. Bekanntlich müssen beim irisch-schweizerischen Unternehmen CEO Owen Killian, CFO Patrick McEniff und Amerika-Chef John Yamin im Nachgang zur massiven Gewinnwarnung vom Januar ihre Posten räumen. Sie werden dies nun schon per Ende März tun und nicht – wie ursprünglich geplant – erst Ende Juli.
Der Blindflug, was die Ziele betrifft, kommt bei den Investoren schlecht an. Die Aryzta-Papiere gaben zeitweise um fast 10% nach. Am frühen Nachmittag erholten sie sich etwas (15.50 Uhr: -3,5%), auch unterstützt von zuversichtlichen Aussagen von VRP Gary McGann, der seine Prioritätenabfolge mit «Stabilisieren, Performance und Wachsen» angab. Mit einem Minus von gegen 30% seit Anfang Jahr bilden die Aktien gleichwohl nach wie vor mit grossem Abstand das Schlusslicht unter den Blue Chips.
Was die Nachfolge der drei Top-Manager betrifft, bekräftigte der Verwaltungsrat, wonach mit einer Personal-Rekrutierungsfirma ein neuer CEO und ein neuer CFO gesucht werde. Interimistisch übernimmt nun David Wilkinson die CFO-Aufgabe; er wird von seinem Arbeitgeber KPMG vorübergehend zu Aryzta entsandt.
Die für das Halbjahr präsentierten Zahlen boten nach der Gewinnwarnung wenig Überraschendes, nur das operative Ergebnis fiel etwas unter den Erwartungen aus. Der Umsatz ging um 2,8% auf 1,91 Mrd EUR zurück, wobei organisch ein Minus von 1,6% resultierte. Schlecht lief das Geschäft vor allem im grössten Markt Nordamerika (org. -5,2%), während es in Europa (+1,0%) und im «Rest der Welt» (+9,5%) zulegte. Der markante Rückgang in Nordamerika wurde unter anderem mit «anhaltenden Auswirkungen von Vertragserneuerungen» erklärt.
Der operative Gewinn (EBITA) verringerte sich derweil um satte 31% auf 158,5 Mio EUR, womit die entsprechende Marge um 350 Basispunkte auf 8,3% sank. Vor allem im Nordamerikageschäft (-42%) war der operative Gewinn rückläufig, aber auch in Europa (-26%) bildete er sich markant zurück, während er im «Rest der Welt» (+21%) zunahm.
Der Margenrückgang sei eine Folge der Umsatzeinbusse in Nordamerika sowie der dort steigenden Arbeitskosten. Eine Belastung seien aber auch Marketingausgaben, Wechselkurseffekte nach dem Brexit sowie Anlaufkosten für eine neue Fabrik in Deutschland gewesen. Der Reingewinn nahm derweil um 22% auf 109,4 Mio EUR ab und der Gewinn pro Aktie (EPS) um ebenfalls 22% auf 123,2 Euro-Cent.
Fortschritte erzielte Aryzta laut Analysten bei der finanziellen Lage. Bekanntlich ist diese mit einer Nettoverschuldung von 1,85 Mrd EUR angespannt. In diesem Zusammenhang verwies die Gesellschaft auf tiefere Finanzierungskosten und einen im Durchschnitt etwas tieferen Zinssatz. Gleichzeitig wurden die Kreditbedingungen (Covenants) aber etwas gelockert, um mehr finanziellen Spielraum zu haben.
Eine Kapitalerhöhung wäre für VRP McGann die «letzte Möglichkeit». Er verwies aber in diesem Zusammenhang auf die gute Cash-Generierung. Zudem laufe die Überprüfung der Joint-Venture-Strategie, wurde betont. Damit wurde vor allem die 49%-Beteiligung am französischen Tiefkühlproduktehersteller Picard angesprochen, die zur Disposition steht; allfällige Erlöse sollen zur Stärkung der Bilanz verwendet werden. Die Joint Ventures haben laut den Angaben einen Buchwert von 509 Mio EUR. (awp/mc/upd/ps)