Baar – Der Technologiekonzern Ascom hat nach langer Suche einen Käufer für die defizitäre Sparte Network Testing gefunden. Das französische Unternehmen Infovista übernimmt den Bereich. Für Ascom resultiert aus dem Deal zwar ein hoher buchhalterischer Verlust, doch es fliesst Geld. An der Börse gibt es Applaus.
Noch vor fünf Tagen musste das Ascom-Management die Investoren vertrösten. Es fänden zwar intensive Gespräche mit Investoren statt, hatte es bei der Präsentation der Halbjahreszahlen am letzten Mittwoch geheissen. Doch der Verkauf der Sparte Network Testing sei noch nicht über die Bühne gegangen. Analysten zeigten sich enttäuscht und verwiesen auf den seit rund einem Jahr dauernden Verkaufsprozess.
Jetzt ist ein Abschluss doch noch gelungen. Es sei mit dem französischen Unternehmen Infovista ein bindender Kaufvertrag abgeschlossen worden, teilte Ascom am Montag mit. Der Vollzug werde für das laufende dritte Quartal erwartet.
Grosser Brocken für Infovista
Infovista ist laut den Angaben ein global tätiger Spezialist für Netzwerkperformance, hat den Sitz in Paris und beschäftigt gut 430 Mitarbeiter. Dank dem Zukauf werde sich der Umsatz beinahe verdoppeln, teilte die Gesellschaft, die im Besitz der Beteiligungsgesellschaft Apax ist, separat mit. Die auf Testsysteme für Mobilfunknetze spezialisierte Ascom-Sparte beschäftigt rund 400 Mitarbeiter.
«Wir sind erfreut, dass wir – auch für die Mitarbeiter – eine gute industrielle Lösung gefunden haben», sagte Ascom-CFO Bianka Wilson an einer Telefonkonferenz für Analysten.
Die Transaktion basiert auf einem Unternehmenswert von 45 Mio USD, wobei Ascom bei Vollzug der Übernahme 30 Mio USD in bar erhält. Der Restbetrag bestehe aus einem nachrangigen Verkäuferdarlehen von nominal 15 Mio USD mit einer Laufzeit von sieben Jahren und einem Zins von 4%.
Keine Folgen auf Dividende
Buchhalterisch dürfte aus dem Deal jedoch ein ausserordentlicher Verlust von 145 Mio CHF resultieren, wie es weiter hiess. Hintergrund sind Bestimmungen des Rechnungslegungsstandards Swiss GAAP FER, gemäss dem Goodwill bei einem Verkauf über die Erfolgsrechnung rückgeführt werden muss.
Es handle sich hauptsächlich um eine nicht cash-relevante Rückführung, wurde betont. Das Eigenkapital werde nicht tangiert. Es gebe keine Folgen auf das operative Geschäft, und die Gesellschaft werde auch nicht an der Ausschüttung von Dividenden gehindert.
Ascom will sich nun – wie angekündigt – im Rahmen der «OneBusiness Company» auf die Sparte Wireless Solutions konzentrieren und dabei vor allem auf Kommunikationssysteme für den Gesundheitssektor. Diese Division erzielte im ersten Halbjahr einen Umsatz von 146,5 Mio CHF und eine EBITDA-Marge von 10,0%.
Network Testing hingegen erlitt im ersten Semester bei einem Umsatz von 35,2 Mio CHF einen operativen Verlust auf Stufe EBITDA von 7,9 Mio CHF. Dadurch rutschte der gesamte Konzern in der ersten Jahreshälfte in die roten Zahlen.
Schweiz bleibt Ascom-Zentrale
Ascom wird auch in Zukunft von der Schweiz aus geführt, wie CFO Wilson weiter betonte. «Das Hauptquartier wird weiterhin in Baar sein», sagte sie. Die Frage stellte sich, weil die verbleibende Sparte Wireless Solutions bislang ihre Zentrale im schwedischen Göteborg hatte. In Baar im Kanton Zug ist derzeit der Sitz der Holding. Laut Wilson wird nun aber das bisherige Hauptquartier der Holding und das Hauptquartier von Wireless Solutions teilweise in Baar zusammengelegt.
Analysten freuen sich, dass der langerwartete Verkauf über die Bühne gegangen ist. «Ascoms Transformation scheint an ihrem Ende angekommen zu sein», meinte etwa der Experte der UBS. Weil wegen der Transaktion Cash zufliesse, gebe es sogar einen optimistischeren Dividendenausblick, fügte er an. Die Ascom-Papiere gingen mit einem Aufschlag von 8,2% aus dem Tag, während der Gesamtmarkt (SPI) nur um 0,33% anzog. (awp/mc/upd/ps)