ASTAG fordert Neuverhandlung des Landverkehrs-Abkommens und neue Verlagerungspolitik

ASTAG fordert Neuverhandlung des Landverkehrs-Abkommens und neue Verlagerungspolitik

Stau am Gotthard: Laut ASTAG ein unerwünschter Effekt der gescheiterten Verlagerungspolitik. (Foto: ASTAG)

Bern – 20 Jahre nach dem Ja des Volkes zum Alpenschutzartikel hat die ASTAG ihre Forderungen für eine Neuausrichtung der Verlagerungspolitik präsentiert. Die Strategie mit Zwangsmassnahmen gegen die Strasse ist gescheitert. Stattdessen soll der Verlagerungsauftrag für alpenquerende Transporte, die für die Schiene geeignet sind, ab 300 Kilometern gelten. Die ASTAG fordert deshalb, dass das bestehende Landverkehrsabkommen mit der EU neu verhandelt und angepasst werden soll. Als Zwischenschritt ist das Verlagerungsziel auf Gesetzesstufe auf 1 Mio. Fahrten anzuheben.

Die ASTAG fordert eine komplette Neuausrichtung in der Verlagerungspolitik. 20 Jahre nach Annahme und Verankerung des Alpenschutzartikels (BV Art. 84) in der Verfassung ist die bisherige Strategie gescheitert. So bleibt die Vorgabe von maximal 650’000 Lastwagenfahrten pro Jahr durch die Schweizer Alpen absolut illusorisch. Die ASTAG unterstützt deshalb den Bundesrat, der mit Verlagerungsbericht 2013 eine grundlegende Diskussion für die Neuausrichtung angestossen hat. Für Adrian Amstutz, Zentralpräsident der ASTAG, ist klar: «Bei der Verlagerung ist es zulange um Bahnschutz statt um Alpenschutz gegangen. Der eigentliche Volksauftrag wird missachtet!» Ursprünglich hatte das Volk nämlich einer Verlagerung des «alpenquerenden Transitverkehrs von Grenze zu Grenze» zugestimmt. Diesen Volksauftrag hat die Politik in den letzten 20 Jahren vor allem als Feigenblatt für den einseitigen Bahnausbau in der Fläche sowie zur Abzockerei der Strassenbenutzer missbraucht und immer mehr verwässert.

ASTAG fordert Neuverhandlung des Landverkehrsabkommens
Zur Umsetzung des Alpenschutzartikels braucht es deshalb zwingend neue Ansätze. Notwendig ist eine Strategie zur Stärkung von beiden Verkehrsträger im Sinne einer optimalen Zusammenarbeit («Ko-Modalität»). Zu den Kernforderungen der ASTAG, die ihre Positionen an einer Medienkonferenz präsentierte, gehören Neuverhandlungen des Bilateralen Landverkehrsabkommens mit der EU. Hier besteht heute ein klarer Widerspruch: Dem Schweizer Volk wird einerseits eine Verlagerung des alpenquerenden Transitverkehrs von Grenze zu Grenze gemäss Alpenschutzartikel versprochen. Anderseits führt das Landverkehrsabkommen zu «freier Fahrt» für den Transitverkehr, wogegen die gleichzeitig aufgebauten Schikanen gegen den Strassentransport vor allem den Inlandverkehr treffen.

300 km als neuer Verlagerungs-Richtwert
Die ASTAG regt deshalb an, dass der Verlagerungsauftrag mit einer konkreten Richtgrösse ins Landverkehrsabkommen integriert werden muss. Analog dem EU-Weissbuch soll ein Richtwert von 300 km definiert werden, ab dem alpenquerende Transporte, die für die Bahn geeignet sind, ab einer Distanz von 300 Kilometer – unabhängig von Herkunft, Zielort und Nationalität – auf der Schiene erfolgen.

Damit kann der «Gordische Knoten» zwischen Schweizer Recht und dem Grundsatz der freien Verkehrsmittelwahl nicht-diskriminierend aufgelöst werden. «Nur so ist den Alpen effektiv gedient», zeigte sich ASTAG-Direktor Michael Gehrken überzeugt: «Weil wir nämlich nicht in Göschenen oder Airolo mauern und damit den Verkehr auf beiden Seiten des Gotthardtunnels stauen wollen oder den ‹Schwarzen Peter› an die Tiroler weiterreichern – sondern die Bahn einen echten Kernauftrag hätte!»

Zweitens unterstützt die ASTAG den Ausbau der Schienen-Güterverkehrskorridore auf der Nord-Süd-Achse. Nur so kann die Verlagerungspolitik in der praktischen Umsetzung überhaupt gelingen. Im Vordergrund steht dabei ganz klar die Einforderung der zeitgerechten Erfüllung der einst abgegeben Versprechungen von Deutschland und Italien zum Ausbau der NEAT-Zufahrtsstrecken. Diese müssen für den Güterverkehr ausgebaut werden. Entsprechende vertragliche Absicherungen sind – wo nötig – ebenfalls in das revidierte Landverkehrsabkommen zu integrieren. «Es kann nicht sein, dass die Schweiz ohne Gegenwert immer mehr Geld nach Italien schicken muss», sagt Adrian Amstutz.

1 Mio. Fahrten als neues Verlagerungsziel
Drittens muss in der Zwischenzeit das illusorische Verlagerungsziel korrigiert werden. Realistisch sind 1 Mio. Fahrten pro Jahr bis 2030. «Alles andere sind planwirtschaftliche Illusionen, die der Schweiz schaden », sagte Adrian Amstutz.

«Die praktische Erfahrung zeigt: Transportunternehmen richten sich nach dem Markt. Wie es in jeder Branche üblich ist. Und: Am Markt entscheidet primär die Qualität der Dienstleistung. Nicht die Politik. Umso wichtiger ist: Die spezifischen Stärken der verschiedenen Verkehrsträger müssen optimal genützt werden. Möglichst effizient und effektiv. Zum Vorteil der Kunden. Zum Vorteil der Unternehmen. Aber auch zugunsten der Umwelt. Ziel ist ein gegenseitiges Zusammenspiel von Schiene und Strasse», sagte Josef Jäger ASTAG-Vizepräsident.

«Entscheidend ist die Nachfrage. Die Bedürfnisse von Wirtschaft und Konsumentinnen und Konsumenten. Der Kunde ist König. Auch in Transport und Logistik. Entsprechend ist der Einfluss der Politik sehr beschränkt. Die Verlagerung kann nicht erzwungen werden. Schon gar nicht mit der Behinderung des oftmals Besseren zu Gunsten des Schlechteren. Auch nicht mit Zusatzabgaben, Auflagen und Restriktionen zulasten der Strasse. Denn der Strassentransport ist und bleibt unentbehrlich. In zunehmendem Masse. Gerade deshalb wird auch eine Alpentransitbörse nicht funktionieren», erklärte Jean-Daniel Faucherre, Transportunternehmer / Vizepräsident ASTAG (ASTAG/ots/mc/ps)

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