Asyldebatte nach 1. August neu lanciert – Sommaruga kritisiert SVP
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. (Foto: Europa Forum)
Bern – Kaum sind die Reden zum ersten August verklungen, die zumeist den Zusammenhalt in der Schweiz und die Solidarität mit dem Ausland thematisierten, ist im Wahljahr die Asyldebatte erneut entbrannt. Bundespräsidentin Sommaruga kritisierte dabei den Wahlkampf der SVP.
«Es gibt eine Partei, die mit dem Thema Asyl Wahlkampf betreibt», stellte sie in einem Interview mit der «Schweizer Illustrierten»auf die Frage fest, ob die Asyl-Debatte hochstilisiert werde.
Das Interview lag der Nachrichtenagentur sda am Sonntag vorab vor. Sie verstehe, dass viele Menschen angesichts der steigenden Zahlen bei den Asylgesuchen beunruhigt seien, sagte Simonetta Sommaruga weiter.
Aber «viele Menschen machen sich nicht wegen den 11’800 Asylgesuchen (in der Schweiz, Red.) Sorgen, sondern wegen dem Krieg in Syrien, und den Millionen von Flüchtlingen». Die Bundespräsidentin fügte an: «Man kann aber mit Angst viel Lärm machen.»
Identität ungefährdet
Auch mit der verstärkten Zuwanderung sei die Identität der Schweizerinnen und Schweizer nicht gefährdet. «Diese Ängste sind wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Wenn ich richtig informiert bin, hat Herr Blocher deutsche und Herr Bortoluzzi italienische Vorfahren. Beides hat unsere Identität nie gefährdet.»
Sommaruga zeigte sich zuversichtlich, die Bevölkerung mit ihren Vorschlägen zur Asylgesetzrevision überzeugen zu können. Die Bürgerinnen und Bürger wüssten, «wer praktikable Lösungen vorschlägt und wer nicht».
Zur Forderung der SVP nach einem Abkommen zwischen der Schweiz und Eritrea zur Rückschaffung von abgewiesenen Asylbewerbern in das ostafrikanische Land, sagte Sommaruga: «In Eritrea werden Menschen willkürlich bestraft und jahrelang ins Gefängnis geschickt. Es gibt kein einziges Land in Europa, das Asylbewerber nach Eritrea zurückschickt.»
SVP droht mit Referendum
Sommaruga möchte die Asylverfahren beschleunigen. Dazu sollen Asylbewerber in Zentren des Bundes zusammengefasst und ihre Gesuche vor Ort behandelt werden. Den Asylsuchen sollen dabei unentgeltlich Anwälte zur Seite gestellt werden.
Die SVP droht bereits mit dem Referendum gegen die Asylreform, sollte nach dem Ständerat auch der Nationalrat die unentgeltliche Rechtsvertretung absegnen. «Mit uns ist der Gratisanwalt für Asylsuchende nicht zu machen», sagte Brunner in einem Interview mit der Zeitung «Zentralschweiz am Sonntag». Komme der Vorschlag durch, werde «ein Referendum unumgänglich».
CVP möchte Arbeitsverbot lockern
Zu Wort meldeten sich am Sonntag auch fünf CVP-Parlamentarier. In der «NZZ am Sonntag» und in einer Mitteilung stellten sie sich zwar hinter die Rechtsberatung für Asylbewerber. Allenfalls sei zu prüfen, ob Dublin-Fälle davon auszunehmen seien, schreiben sie in dem von der CVP veröffentlichten Papier.
Konkret fordern die Nationalräte Gerhard Pfister (ZG), Ruth Humbel (AG) und Marco Romano (TI) sowie die Ständeräte Paul Niederberger (NW) und Urs Schwaller (FR), weitere Verschärfungen: Asylsuchende sollen während des Verfahrens und auch als vorläufig Aufgenommene kein Bargeld mehr erhalten, sondern Gutscheine oder Sachleistungen.
Weiter fordert die CVP eine Lockerung des Arbeitsverbots für Asylbewerber. Wenn Asylsuchende auf die Kantone verteilt würden, sollten sie eine Lehre absolvieren oder nach ihren «beruflichen Fähigkeiten im Arbeitsmarkt eingesetzt» werden, schreiben die CVP-Parlamentarier.
Lohn soll Aufenthalt mitfinanzieren
Der Lohn solle direkt in einen Fonds für das Flüchtlingswesen fliessen. Für Asylsuchende in den Bundeszentren solle das Arbeitsverbot aber weiter gelten.
Um Flüchtlinge an einem Übertritt über die Schweizer Grenze zu hindern, verlangen die fünf CVP-Parlamentarier verstärkte Personenkontrollen in den Grenzregionen. Zu prüfen sei, ob dafür auch Soldaten eingesetzt werden könnten.
Gegenüber der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens SRF lehnten FDP-Präsident Philippe Müller und SVP-Nationalrat Alfred Heer die Forderung nach einer Lockerung des Arbeitsverbots bereits ab: Damit würde die Attraktivität der Schweiz für Flüchtlinge nur steigen, erklärten beide. (awp/mc/ps)