Auch Ständerat dagegen: Parlament lehnt 99-Prozent-Initiative ab

Auch Ständerat dagegen: Parlament lehnt 99-Prozent-Initiative ab
(Illustration: 99prozent.ch)

Bern – Parlament und Bundesrat lehnen die 99-Prozent-Initiative der Juso ab. Diese verlangt eine Anpassung der Besteuerung zugunsten Personen mit tieferem Einkommen. Der Ständerat fasste seinen Entscheid am Dienstag. Eine Anpassung sei unnötig, meinte die Ratsmehrheit.

Wenn es in einem Land keinen Handlungsbedarf gebe für dieses Anliegen, dann sei das in der Schweiz, sagte der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser. Das würden die Zahlen zeigen. Fast 90 Prozent der Bevölkerung profitierten mehr vom Staat als sie für diesen bezahlten.

Die Initiative verlangt, dass Kapitaleinkommen, das einen bestimmten Betrag übersteigt, im Umfang von 150 Prozent besteuert wird. Die Höhe des Freibetrags würde vom Gesetzgeber bestimmt. Die Initianten denken an rund 100’000 Franken. Mit den Mehreinnahmen aus diesen Steuern sollen entweder die Steuern von Personen mit tiefen und mittleren Löhnen gesenkt werden oder das Geld soll für die soziale Wohlfahrt verwendet werden.

Es gebe bereits heute eine beträchtliche Umverteilung der Steuern, sagte Kommissionssprecher Hannes Germann (SVP/SH). Und die Besteuerung in der Schweiz sei bereits relativ hoch. Würden die Steuern weiter erhöht, würde die Standortattraktivität der Schweiz leiden. Die Initiative lasse zudem sehr viel Spielraum offen. Es sei etwa unklar, was ein «Kapitaleinkommen» genau sei.

Minderheit will Privilegien ausmerzen
Aus Sicht der Minderheit ist die Besteuerung jedoch so ungerecht, dass es eine Anpassung braucht. Die Realität sei, dass bei der Besteuerung der Kapitaleinkommen zahlreiche Privilegien bestünden, etwa bei der Teilbesteuerung der Dividenden, sagte Minderheitssprecher Paul Rechsteiner (SP/SG). Er fragte sich, wie erklärt werden solle, dass jeder Lohnfranken versteuert werden müsse, Kapitaleinkommen aber Privilegien geniessen würden.

Es sei jetzt Zeit für mehr Steuergerechtigkeit, sagte Rechsteiner. Dafür spreche die Initiative. Das erklärte übergeordnete Ziel der Initiative mit den offiziellen Titel «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» besteht darin, mittels einer höheren Besteuerung von Kapitaleinkommen bei einem Prozent der Bevölkerung und einer konsequenten Umverteilung soziale Gerechtigkeit herzustellen. Daher der Übername «99-Prozent-Initiative».

Unklar, wer betroffen ist
Es sei völlig unklar, wer durch die Vorlage wie stark betroffen sei, sagte Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG). Immobilienbesitzerinnen und -besitzer dürften aber besonders getroffen werden, sagte die Vize-Präsidentin des Vereins Hauseigentümer Schweiz. Sie würden aber bereits heute zahlreiche verschiedene Steuern bezahlen. Die Initiative sei abzulehnen.

Auch der Bundesrat lehnt die Vorlage ab. Es werde schon heute viel Geld zu Gunsten von schlechter Gestellten umverteilt, sagte Finanzminister Ueli Maurer. 50 Prozent der Bevölkerung würden für zwei Prozent der Bundessteuer aufkommen. Umgekehrt bezahle ein Prozent der Steuerzahlenden mehr als 40 Prozent der direkten Bundessteuer. Hier noch einmal eine Umverteilung vorzunehmen, sehe er nicht. «Soll dann ein Prozent alles bezahlen?», fragte Maurer.

SP und Grüne dafür
Schliesslich entschied auch der Ständerat, die Vorlage dem Volk zur Ablehnung zu empfehlen, mit 32 zu 13 Nein Stimmen. Die Ja-Stimmen kamen von Vertretern der SP und der Grünen. Der Nationalrat hatte seine Empfehlung zur Ablehnung bereits im September gefasst. Damit ist das Geschäft bereit für die Schlussabstimmung.

In den vergangenen 20 Jahren sind mehrere Volksbegehren mit dem Ziel, Ressourcen zugunsten von Einkommensschwachen umzuverteilen, an der Urne abgelehnt worden. So zum Beispiel die Volksinitiative «Für eine Kapitalgewinnsteuer», die 2001 scheiterte. Mit der Initiative wollte der Gewerkschaftsbund erreichen, dass Gewinne auf private Finanzanlagen zu mindestens 20 Prozent besteuert werden.

Ein zweites Beispiel ist die Volksinitiative «1:12 – Für gerechte Löhne»: Sie verlangte, dass in einem Unternehmen der höchste bezahlte Lohn das Zwölffache des tiefsten Lohns nicht übersteigen darf. Sie wurde 2013 abgelehnt. (awp/mc/ps)

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