Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf.
Bern – Bei der Mehrwertsteuer sollen inländische Unternehmen nicht mehr gegenüber ausländischen benachteiligt werden. Massgeblich für die Steuerpflicht ist künftig der gesamte Umsatz sein, nicht nur der in der Schweiz erwirtschaftete.
Das hat der Nationalrat am Donnerstag beschlossen. Damit würde grundsätzlich jedes Unternehmen steuerpflichtig, das in der Schweiz Leistungen erbringt, sofern es nicht nachweist, dass es weltweit weniger als 100’000 CHF Umsatz erzielt. Die Neuregelung betrifft auch Online-Händler. Sendungen aus dem Ausland könnten in Zukunft also etwas teurer werden. Schweizer Unternehmen profitieren indirekt, indem ein Wettbewerbsvorteil der ausländischen Konkurrenz wegfällt.
Geld für die Bundeskasse
Durch die Gesetzesänderung würden neu schätzungsweise 30’000 ausländische Unternehmen steuerpflichtig. Für die Umsetzung müssten rund 38 neue Stellen geschaffen werden. Andererseits fliessen dank der Neuregelung voraussichtlich 40 Mio CHF pro Jahr zusätzlich in die Bundeskasse.
Noch einmal rund 30 Mio CHF verspricht sich der Bund von einer Änderung bei der Besteuerung von Kunstgegenständen, Antiquitäten und Sammlerstücken. Der fiktive Vorsteuerabzug soll durch eine Steuer auf der Differenz zwischen dem Ankaufs- und dem Verkaufspreis ersetzt werden.
Diese vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Mehrwertsteuergesetzes war unbestritten. Auch gegen den reduzierten Satz von 2,5% für elektronische Zeitungen und Zeitschriften gab es keinen Widerstand, der Nationalrat nahm in die Vorschrift sogar noch die elektronischen Bücher auf.
Lex Rega
Auf Antrag seiner Wirtschaftskommission stimmte er ausserdem einer Präzisierung der Definition von steuerbefreiten Spenden und Gönnerbeiträgen zu: Damit diese steuerfrei sind, muss ein gemeinnütziges Unternehmen den Spendern oder Gönnern mitteilen, dass kein Anspruch auf eine Gegenleistung besteht. Der Nationalrat hat die Regel insbesondere mit Blick auf die Rega eingeführt.
Die Höhe der Bezüge von Rega-Kadern hatte die Wirtschaftskommission auch zu einer Motion veranlasst. Mit dieser hätten die Bezüge von Stiftungsräten und Vorstandsmitgliedern steuerbefreiter Organisationen begrenzt werden sollen. Die Mehrheit des Rats sprach sich aber dagegen aus.
Zu reden gab auch der Mehrwertsteuersatz für Take Away-Leistungen. Diese sollen neu zum Normalsatz von 8% besteuert werden, wenn keine «Massnahmen zur Abgrenzung von gastgewerblichen Leistungen» getroffen werden. Als solche würden etwa getrennte Kassen gelten.
Dagegen setzte sich die SVP zur Wehr, sehr zum Erstaunen von Widmer-Schlumpf. Der Bundesrat nehme mit der Regel ein Anliegen der Initiative des Wirteverbands Gastrosuisse auf. Diese war vor einem Jahr an der Urne gescheitert. Die Bestimmung diene dem Schutz der Restaurantbetreiber, sagte die Finanzministerin. «Wir machen das, was sie von uns gefordert haben.»
«Parkplatz-Extrawurst»
Die Steuerpflicht für vermietete Gemeindeparkplätze lehnte der Nationalrat ab. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dass dafür wie für alle anderen Parkplätze Mehrwertsteuer bezahlt werden muss. Thomas Maier (GLP/ZH) kritisierte den Entscheid der Mehrheit als «Klientel-Politik». Mit der Abschaffung der «Parkplatz-Extrawurst» für Gemeinden hätte die Bürokratie vereinfacht werden können, was dem Nationalrat doch angeblich so wichtig sei. Die Mehrheit wollte den Gemeinden aber den Verwaltungsaufwand und die Kosten ersparen.
Auch die Verlängerung der absoluten Verjährungsfrist von 10 auf 15 Jahre scheiterte. In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat die Vorlage ohne Gegenstimme gut. Diese geht nun an den Ständerat. (awp/mc/ps)