Autoneum-CEO Martin Hirzel.
Winterthur – Autoneum ist der Schritt in die Freiheit gelungen und hat im ersten Semester 2011 wieder schwarze Zahlen geschrieben. Wie viele andere Industriekonzerne litt auch Autoneum unter dem starken Schweizer Franken und hohen Rohstoffkosten. In der zweiten Jahreshälfte sei mit einem saisonal bedingt tieferen Umsatz zu rechnen, die operative Marge soll im Gesamtjahr verbessert werden.
Das Umsatzwachstum in Lokalwährungen betrug 15,4%, der in Franken konsolidierte Bruttoumsatz nahm um 0,5% auf 880,6 Mio CHF. Der weltweite Automobilproduktion habe im Vergleich dazu um lediglich 2% zugenommen, teilte der im Mai von Rieter abgespaltene Autozulieferer am Freitag mit.
Japan-Beben belastet
Der EBITDA nahm um knapp 18% auf 58,5 Mio zu und der EBIT sprang auf 21,6 Mio CHF nach zuvor 4,6 Mio. Autoneum verbesserte das Konzernergebnis in der Berichtsperiode auf 1,5 Mio CHF, nach einem Fehlbetrag von 30,8 Mio im Vorjahr. Das den Aktionären zurechenbare Ergebnis ist mit -3,2 Mio CHF allerdings nach wie vor negativ. Mit den Zahlen wurden die Schätzungen (AWP-Konsens) der Analysten knapp verfehlt. Die deutliche Ergebnisverbesserung wird mit einem tieferen Personalaufwand und reduziertem sonstigem Betriebsaufwand begründet. Vor allem in Europa seien operative Fortschritte erzielt worden. Mindernd hätten sich hingegen steigende Rohstoffpreise, der «Japan-Effekt» und der starke Schweizer Franken ausgewirkt. Die japanischen Hersteller hatten Autoneum zufolge unter den Auswirkungen des Erdbebens vom März 2011 in Japan zu leiden.
Negatives Finanzergebnis mehr als halbiert
Ferner habe deutlich verringerte Bruttoverschuldung eine tiefere Zinsbelastung bewirkt, was sich positiv auf das Finanzergebnis ausgewirkt habe. Dieses sei mit -11,2 Mio CHF mehr als halbiert worden. Die Eigenkapitalquote wird per Mitte Jahr mit «über 30%» beziffert. Das Wachstum wird mit erfolgreichen Fahrzeugmodellen, namentlich in Nordamerika, überproportionales Wachstum in Asien und eine positive Grundstimmung in den meisten Automobilmärkten begründet. Das grösste Wachstum in lokalen Währungen verzeichneten die Business Group Asia mit +44% und die Business Group North America mit +25% höherem Nettoumsatz.
Positives Nettoergebnis auch im Gesamtjahr angestrebt
Autoneum rechnet in der zweiten Jahreshälfte aus saisonalen Gründen mit etwas tieferen Umsätzen, obwohl mit einer Erholung bei den japanischen Kunden zu rechnen sei. Trotz «verschiedener ungünstiger Einflüsse im Marktumfeld» rechne die Gesellschaft aber in Lokalwährungen mit einem Umsatzwachstum über der mittelfristigen Zielsetzung von 4–5%. Das Unternehmen geht davon aus, die operative Marge im Vergleich zum Geschäftsjahr 2010 zu verbessern und strebt für das Gesamtjahr 2011 ein positives Nettoergebnis an. Autoneum erwarte im zweiten Semester vor allem bei den Business Groups ausserhalb Europas eine Margenverbesserung. Materialpreiserhöhungen sollen durch Weiterverrechnung an die Kunden sowie durch weitere operative Massnahmen so weit als möglich kompensiert werden.
Aktie stürzt ab
An der Börse wird der erste Halbjahresabschluss nicht goutiert. Die Titel des Autozulieferers starten mit einem deutlichen Minus in den Handelstag. Das Resultat des Börsen-Neulings verfehlte die Konsensschätzungen der Analysten klar. Insbesondere der starke Schweizer Franken, die hohen Rohstoffpreise sowie der höherer Finanz- und Steueraufwand hätten das Unternehmen deutlicher als angenommen gekennzeichnet, heisst es in Analystenkreisen. Bis um 9.45 Uhr verlieren Autoneum 7,3% auf 76,5 CHF. Die Volumen sind relativ tief, sind doch erst 2’988 Titel im Vergleich zu 16’079, dem Tagesdurchschnitt der letzten Wochen, gehandelt. Der Gesamtmarkt (SPI) notiert ebenfalls schwächer mit einem Minus von 1,1%.
«Zahlen überzeugen nicht wirklich»
Die ersten Halbjahresergebnisse hätten noch nicht wirklich überzeugt, schreiben die Analysten der Bank Vontobel. Die Gesellschaft konnte zwar mit deutlichen operativen Verbesserungen aufwarten, der Umsatz und die EBIT-Marge seien jedoch hinter den Erwartungen klar zurückgeblieben, heisst es bei Vontobel weiter. Der starke Franken oder die steigenden Rohstoffpreise seien kaum die «optimalen» Voraussetzungen, um bei der Autoneum-Aktie aufs Gas zu drücken, kommentiert die Bank Wegelin den Ausblick. Pro-Argumente seien dagegen «namhafte» Kunden wie GM, BMW oder Daimler, die starke Marktstellung bei Schall- und Hitzedämmungen sowie die geografische Diversifikation der Produktionsstandorte.
Analysten bezüglich Ausblick uneins
Der Ausblick auf die zweite Jahreshälfte fällt für die ZKB-Analysten – trotz dem unter den Erwartungen liegenden H1-Ergebnis – positiv aus. Die Bank gibt an, ihre Schätzungen voraussichtlich nicht zu ändern. Bei der Bank Vontobel ist man dagegen zurückhaltender und erwähnt, die Schätzungen für das nächste Halbjahr weiter zu senken. Die Gesellschaft habe noch viel Arbeit vor sich, um den Anlegern zu beweisen, dass Autoneum nachhaltig eine Wende einleiten könne, schreibt Vontobel weiter. (awp/mc/upd/ps)