Freienbach/Bern – Das 1. Quartal 2012 hat der Automobilwirtschaft in der Schweiz sowie im Fürstentum Liechtenstein Rekordverkäufe beschert. Wie die Marktexperten von EurotaxGlass’s berechnet haben, wurden von Januar bis März 79’130 Neuwagen (+8,6%) immatrikuliert – so viele wie noch nie seit der Jahrtausendwende. Rekordhoch war die Nachfrage auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt: Mit 206’107 (+3,6%) gehandelten Fahrzeugen wurden 2,6-mal mehr Occasionen als Neuwagen verkauft.
Trotzdem hält sich die Freude der Branchenvertreter in Grenzen, da der fulminante Start ins neue Jahr zu einem grossen Teil auf dem aussergewöhnlich guten Jahresendgeschäft 2011 basiert und weil die Bestelleingänge aktuell fast zweistellig rückläufig sind. Ungewiss sind zudem die Auswirkungen der ab 1. Juli 2012 geltenden CO2-Emissionsvorschriften für neue Personenwagen.
Aussichten 2012 verhalten optimistisch
Die Stimmung auf dem diesjährigen Automobilsalon in Genf war verhalten optimistisch und damit vergleichbar mit den Aussichten der hiesigen Automobilwirtschaft für das laufende Jahr. Während Verkaufszahlen und Prognosen im europäischen Umfeld angesichts der wirtschaftlichen Probleme mehrheitlich negativ ausfallen, profitieren Autokäufer hierzulande derweil noch von historisch hohen Prämien und Euro-Rabatten oder von in Einzelfällen deutlich reduzierten Listenpreisen. An dieser Situation wird sich auch 2012 nichts Wesentliches ändern. Laut Dr. Peter Ballé, Geschäftsführer des Marktanalysten EurotaxGlass’s Schweiz, «werden im laufenden Jahr zusätzliche Importeure ihre Listenpreise senken oder bis auf Weiteres hohe Prämien und Rabatte offerieren. Für Autokäufer resultieren daraus so oder so erfreulich günstige Nettopreise».
Verkaufspreise um rund 15% günstiger
Dass die 2011 um durchschnittlich 15% gesunkenen Verkaufspreise nicht nur das wechselkursbedingte Gefälle zum Euro- und Dollar-Raum ausglichen, sondern in einzelnen Segmenten auch der gezielten Abwehr von (noch mehr) Direktimporten dienten, zeigt sich in den trotz guten Zulassungszahlen erlittenen Verlusten vieler Importeure und Garagisten. Die Einbussen sind auch eine Folge stark gefallener Restwerte, die im Leasing- und Mietgeschäft zusätzlich ausserordentliche Abschreibungen notwendig machten. «Diese Verluste wurden allerdings bereits realisiert oder aber die hierfür notwendigen Rückstellungen gebildet, weshalb das laufende Jahr mehrheitlich profitabel ausfallen sollte». Trotzdem erwartet Ballé, «dass der Druck zu Kosteneinsparungen weiter steigen wird».
Neuwagenmarkt fest in europäischer Hand
Dass der Volkswagen-Konzern seit Jahren den hiesigen Automarkt prägt, ist kein Geheimnis. Im ersten Quartal 2012 besetzten die drei Konzernmarken Volkswagen (11’542 PW, +32,9%), Skoda (4’776 PW, +23,9%) und Audi (4’613 PW, +4,8%) mit einem Marktanteil von insgesamt 26,4% alle Podestplätze im Neuwagenmarkt. Prozentual noch stärker zulegen vermochte allerdings Mercedes (4’317 PW, +42,6%): Die Stuttgarter Autobauer trafen mit der per 1. Januar 2012 umgesetzten Angleichung ihrer Schweizer Listenpreise an die jeweiligen Preise der Modelle im EU-Raum offensichtlich den Nerv einer kaufwilligen Kundschaft. Auf Augenhöhe mit Mercedes liegen die Verkäufe von Ford (4’312 PW, +3,4%), obschon das Wachstum des weltweit fünftgrössten Autobauers hierzulande deutlich geringer ausfällt.
Stabiler Occasionshandel
Trotz einer Verschlechterung der durchschnittlichen Standtage herrschte im ersten Quartal 2012 erneut ein überaus reger Handel mit gebrauchten Personenwagen (207’107 PW, +3,6%); pro Werktag (Mo bis Sa) wechselten rund 2’642 Occasionen den Besitzer. Volkswagen dominierte mit insgesamt 28’241 Handänderungen (+7,9%) auch den Gebrauchtwagenmarkt, wobei die Verkaufszahlen rund 2,5-mal höher liegen als im Neuwagenmarkt. Sogar 4-mal mehr Occasionen als Neuwagen entfallen auf Opel (16’374 PW, -5,6%), während von Audi (14’411 PW, +11,4%), Renault (12’693 PW, +2,3%) und BMW (12’546 PW, +6,2%) rund 3-mal mehr gebrauchte als neue Fahrzeuge verkauft werden konnten. Über alle Handänderungen hinweg dominieren die vier Personenwagen-Marken der AMAG Automobil- und Motoren AG (Volkswagen, Skoda, Audi und SEAT) mit ihrem Anteil von rund einem Viertel (24,7%) den hiesigen Gebrauchtwagenmarkt.
Wie sich das heutige Occasionsangebot im Verlaufe des Jahres entwickeln wird, bleibt laut Wernli abzuwarten: «Die neuen CO2-Emissionsvorschriften werden die Direktimporteure voraussichtlich veranlassen, vermehrt junge Gebrauchtwagen einzuführen. Diese müssen sich allerdings mit den qualitativ guten und überdurchschnittlich ausgerüsteten Schweizer Occasionen messen lassen, was dem klassischen Handel Chancen eröffnet». (EurotaxGlass’s International/mc/ps)