Die Schweiz ächzt zunehmend unter dem Coronavirus
Bern – Die Zahl der Coronavirus-Toten in der Schweiz ist bis am Donnerstagnachmittag auf sechs gestiegen. Landesweit gab es 815 bestätigte Fälle von Infektionen. Das BAG rechnet damit, dass Massnahmen, wie sie im Tessin ergriffen wurden, bald für die ganze Schweiz gelten könnten. Das Zürcher Unispital hat derweil einen Besucherstopp angeordnet.
Am Mittwoch hatte die Tessiner Regierung den Notstand bis am 29. März ausgerufen und alle nicht-obligatorischen Schulen geschlossen. Daneben wurden ab Mittwochmitternacht auch sämtliche Kinos, Theater, Schwimmbäder, Diskotheken, Sportzentren und ähnliches geschlossen. In allen Tessiner Gerichten finden die Verhandlungen ab sofort unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
«Der Rest der Schweiz wird nachziehen», sagte Daniel Koch, Leiter vom Bundesamt für Gesundheit (BAG), am Donnerstag gegenüber Radio SRF in der Sendung «Heute Morgen». Damit sollen Risikogruppen geschützt werden und die Überlastung der Spitäler verhindert werden.
Man nehme die Situation sehr ernst und man müsse nun möglichst schnell die richtigen Massnahmen treffen. Wichtig sei es, Risikogruppen zu schützen. Damit sollen die Intensivstationen vor Überlastung geschützt und die Infrastruktur der Spitäler richtig genutzt werden. So sollen weitere Todesfälle verhindert werden.
Kein gesamtschweizerischer Notstand
Von einem gesamtschweizerischen Notstand sei in den Aussagen von Koch nicht die Rede gewesen, teilte das BAG am Donnerstagmittag mit. Die Schweiz befinde sich nach wie vor in der besonderen Lage. Wie angekündigt, werde der Bundesrat am Freitag über die Weiterführung des Veranstaltungsverbots und andere Massnahmen entscheiden und darüber informieren.
Zu den am Donnerstagmittag publizierten 815 bestätigten Fällen kamen noch 43 dazu, für die die definitive Bestätigung noch ausstand. Am Mittwochmittag waren es noch 613 bestätigte Fälle gewesen. Lediglich die Kantone Obwalden, Uri und Appenzell-Innerrhoden haben noch keine positiven Fälle gemeldet.
Insgesamt starben in der Schweiz bisher sechs Personen an der Covid-19-Erkrankung, zuletzt zwei über 80-Jährige aus dem Kanton Tessin, die bereits an Krankheiten gelitten hatten. Laut Koch muss man sich nun mit dem Kanton Tessin solidarisch zeigen. Verschiedene Kantone hätten bereits ihre Hilfe angeboten.
Rekruten bleiben in den Kasernen
Die Armee bleibt grundsätzlich bei ihren Massnahmen, behält allerdings über das kommende Wochenende mehr Rekruten in den Kasernen, um die Epidemie nicht anzuheizen, wie ein Armeesprecher sagte.
Postauto bedient den Streckenabschnitt zwischen Iselle und Domodossola ab sofort und bis auf weiteres nicht mehr. Seit Montag gab es auf diesem Streckenabschnitt wegen den verhängten Sperrgebieten in Italien keine Fahrgäste mehr. Vor allem aber wolle Postauto sein Fahrpersonal und die Fahrgäste schützen und lasse die Fahrzeuge von Brig her deshalb vorzeitig wenden, teilte das Unternehmen mit.
Der in Genf tagende Uno-Menschenrechtsrat wird seine laufende Sitzung wegen der Ausbreitung des Coronavirus am morgigen Freitag abbrechen. Das kündigte die die österreichische Ratsvorsitzende Elisabeth Tichy-Fisslberger am Donnerstag an. Die Sitzung hätte noch bis zum 20. März gedauert.
Zürcher Unispital verfügt Besucherstopp
Im Universitätsspital Zürich gilt wegen der Coronavirus-Pandemie ab Donnerstagabend ein weitreichendes Besuchsverbot. Mit der Massnahme will das USZ das Risiko für eine Ansteckung von Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern reduzieren. Das Besuchsverbot gilt bis auf Weiteres. Es werden Zutrittskontrollen durchgeführt.
Ausgenommen sind Besuche für Patienten in ausserordentlichen Situationen. Dazu gehören Eltern von Kindern, Partner von Gebärenden sowie nahe Angehörige von sterbenden Menschen oder unterstützungsbedürftigen Patienten.
Am USZ waren am Mittwoch drei positiv getestete Patienten und elf Verdachtsfälle in Isolation. Insgesamt sind am Unispital 40 Betten für Covid-19-Patienten reserviert. Ausserdem verfügt es über einen Trakt mit 16 Intensivbetten. Die Bettenzahl kann bei Bedarf erweitert werden. Insgesamt könnte das USZ nach aktueller Planung etwa 100 Patientinnen und Patienten mit schweren Verläufen aufnehmen. Diese Massnahme sei notwendig, um die Pflege der Patienten gewährleisten zu können. Die Verfügung trat am Donnerstag in Kraft und gilt grundsätzlich für alle Mitarbeiter.
Inselspital könnte Zimmer umfunktionieren
Wie eine Umfrage von Keystone-SDA am Donnerstag weiter ergab, wurden im Inselspital in Bern bislang noch keine Ferienstopps bei Pflegekräften und Ärzten verhängt. Man könnte zirka 20 Einzelzimmer in Isolationszimmer umfunktionieren und so rund 40 Patientinnen oder Patienten isolieren, hiess es. Über die Anzahl Betten und allfällige Patienten auf der Intensivstation gab das Inselspital keine Auskunft. Die Bettenzahl könnte erhöht werden, zum Beispiel durch Hinzunahmen von Aufwachräumen.
Eishockey-Saison zu Ende
Den Stecker gezogen hat der Coronavirus der Schweizer Eishockeymeisterschaft: dem Eishockeyverband blieb am Donnerstagvormittag in einer Telefonkonferenz mit allen Klubs keine andere Wahl, als die Saison abzubrechen. Dies, nachdem die Behörden im Tessin alle sportlichen Aktivitäten bis am 29. März verboten hatten.
Der amerikanische 30-tägige Einreisestopp für Menschen aus Europa schlägt auch auf die Fluggesellschaft Swiss und ihren Mutterkonzern Lufthansa durch: Die Swiss bereitete einen Sonderflugplan für USA-Strecken vor. Die Veröffentlichung war für Donnerstagnachmittag geplant. Ausserdem analysierte sie die Auswirkungen der veränderten Einreisebestimmungen für Indien. (awp/mc/pg)