SBB Cargo soll rasch saniert werden.
Zürich – Der Bahngüterverkehr in der Schweiz soll politisch mehr Gewicht erhalten. Neben dem Ausbau der Infrastruktur fordert der Verband der verladenden Wirtschaft (VAP) auch eine schnelle Sanierung von SBB Cargo sowie wettbewerbsfähige Preise bei der Trassenbenutzung. Der Güterverkehr habe im Vergleich zum Personenverkehr schlechte Wettbewerbsbedingungen, beklagte VAP-Geschäftsführer Frank Furrer am Donnerstag in Zürich vor den Medien. Gegenüber Personen- seien Güterzüge im Verkehr stark benachteiligt.
Zudem komme die Erneuerung der Infrastrukturen nur schleppend voran, stellte Furrer weiter fest. Der Güterverkehr zahle aber Trassenpreise, «die in keinem Verhältnis zur angebotenen Leistung stehen». Die Verlader zahlten eine flächendeckende Schwerverkehrsabgabe (LSVA), die zu zwei Dritteln für Eisenbahngrossprojekte wie die NEAT eingesetzt würden. Sie hätten deshalb auch einen Anspruch darauf, dass die Eidgenossenschaft dem Bahngüterverkehr einen angemessenen Platz einräume. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Bahngüterverkehrs langfristig zu verbessern, muss laut Furrer die Infrastruktur so ausgebaut werden, dass sie 750 Meter lange Züge mit 4 Meter hohen Fahrzeugprofilen aufnehmen kann. Der Zugang zu dieser Infrastruktur müsse zweitens durch eine Neugestaltung der Prioritätenordnung zwischen Personen- und Güterverkehr erleichtert werden.
SBB Cargo möglichst schnell sanieren
Für den Transportchef der Migros, Bernhard Metzger, ist es wichtig, dass SBB Cargo als Betreiberin des Wagenladungsverkehrsnetzes möglichst schnell eine schlanke Struktur und eine hohe Effizienz erreicht. Noch sei viel internes Optimierungspotenzial vorhanden, beispielsweise im Bereich der Informatik, aber auch bezüglich Transparenz. Wirtschaftlich unrentable Bedienungspunkte des Wagenladungsverkehrs müssen laut Metzger geschlossen werden. Heute würden an rund 250 Bedienungspunkten pro Woche lediglich 5 Güterwagen abgefertigt. «Das kann nicht rentabel sein», meinte der Migros-Transportchef. Die Leistungsvereinbarung 2013 bis 2016 müsse präzisiert und entsprechend angepasst werden.
Cargo Domizil als Erfolgsmodell
Als Beispiel für ein erfolgreiches Schienengüterverkehrskonzept bezeichnet wurde an der Medienkonferenz Cargo Domizil. Das ehemals defizitäre System der SBB wurde 1996 von drei privaten Transportunternehmen übernommen. Heute bewege Cargo Domizil rund 100’000 Lastwagensendungen pro Jahr, sagte Verwaltungsratspräsident Josef Jäger. Dabei beschränke sich Cargo Domizil auf zehn Bedienungspunkte für die ganze Schweiz. «So fahren die Sendungen gebündelt, und die Züge sind gut ausgelastet.»
Im internationalen Güterverkehrsgeschäft setzen die Transwaggon und der Kombi-Operateur Hupac grosse Hoffnungen auf den geplanten 4-Meter-Korridor. Heute gebe es bereits Bahnwagen, die aufgrund der niedrigeren Eckhöhe die Schweiz nicht passieren könnten, sagte Ümit Sarigecili von der in Zug domizilierten Transwaggon Gruppe.
Verlagerungen trotz alter Infrastruktur
Im vergangenen Dezember musste der Bundesrat eingestehen, dass es aussichtslos sei, die Anzahl Lastwagen, welche die Schweizer Alpen auf der Strasse queren, bis 2018 auf 650’000 zu senken. Die Verlagerungspolitik in den letzten 10 Jahren sei dennoch kein Flop gewesen, betonte Hupac-Direktor Bernhard Kunz. Auf den alpenquerenden Strecken befördere der kombinierte Verkehr mit 17 Millionen Tonnen mehr Güter als der Strassenverkehr mit 14 Millionen Tonnen. Dass dieses Ergebnis auf einer dicht befahrenen, über 125-jährigen Bahninfrastruktur mit unzähligen Engpässen im Norden und Süden habe erzielt werden können, sei nur dank den koordinierten Anstrengungen von Markt, Bahnen und Verkehrspolitik möglich geworden.
Strategiewechsel bereitet Sorgen
Mit Sorge stellte Kunz jedoch fest, dass die Güterverkehrsstrecke Bellinzona-Luino-Novara, auf der 80 Prozent des unbegleiteten kombinierten Verkehrs via Gotthard verkehrt, zunehmend aufs Nebengleise gerate. Der Strategiewechsel der italienischen Behörden sei für den schweizerischen Güterverkehr sehr gefährlich. Die Priorität werde zunehmend auf die Chiasso-Linie gelegt. Dabei bleibe unberücksichtigt, dass das Nadelöhr Mailand über keine Kapazitäten für die Einrichtung eines leistungsfähigen Güterverkehrskorridors für 750 Meter lange Züge verfüge. Und mit der Realisierung der Neubaustrecke mit der Umfahrung Bergamo könne wegen Finanzierungsengpässen wohl erst in ferner Zukunft gerechnet werden.
Sinnvoll ist es deshalb nach Ansicht des Hupac-Direktors eine «Zwei-Stufen-Strategie» zu verfolgen. Das heisst, zunächst die Linie Bellinzona-Luino-Novara massvoll auszubauen und den Korridor Chiasso-Seregno-Bergamo erst für den Güterverkehr der Zukunft vorzusehen. (awp/mc/ps)
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