Bundesanwalt Michael Lauber.
Bern – Nach dem Scheitern der «Lex USA» im Parlament fordern die Banken vom Bundesrat ein rasches Handeln. Für Bundesanwalt Michael Lauber ist klar, dass die Schweiz ein Frühwarnsystem braucht. Eine umfassende Melde- und Analysestelle soll die Verwundbarkeit des Schweizer Finanzplatzes frühzeitig erkennen. Die Stelle dürfe keine Entscheidungskompetenzen haben, sondern müsse «qualitativ hervorragende Analysen liefern», sagte Lauber der «SonntagsZeitung» im Interview. Dabei müsse eine solche «Financial Intelligence» klar vom Aufgabenbereich des Nachrichtendienstes abgegrenzt werden.
Das Analysezentrum sollte «einflussreich und vertrauenswürdig sein, damit man auf dessen Warnungen hört», so Lauber. Bundesrat, Parlament und Finanzinstitute könnten vom Frühwarnsystem profitieren.
Banken fordern rasches Handeln vom Bundesrat
Derweil wollen die Schweizer Banken den Steuerstreit mit den US-Behörden vorwärts machen. Patrick Odier, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, fordert vom Bundesrat ein «rasches Handeln».
Der Bundesrat müsse den Schweizer Banken die Werkzeuge zur Verfügung stellen, damit sie ihre Situation mit den US-Behörden regeln könnten, sagte Odier in der Samstagsrundschau von Radio SRF1. Wenn der Bundesrat seine Handlungsbereitschaft nicht klar kommuniziere, drohe eine weitere Klage gegen eine Schweizer Bank.
Die Botschaft des Parlaments sei klar, der Bundesrat müsse seine Verantwortung übernehmen und eine Lösung innerhalb des existierenden Rechts finden. «Die Rechtssicherheit für Bankangestellte, Kunden und für den ganzen Finanzplatz muss baldmöglichst wieder hergestellt werden», sagte Odier. Der Bundesrat hatte am Freitag angekündigt, «in den kommenden Tagen» eine Lösung für den Steuerstreit mit den USA vorzulegen.
OECD: Schweiz kann keine Geschenke erwarten
Bereits geäussert hat sich der Bundesrat zum künftigen Umgang mit ausländischen Bankkundendaten. Eveline Widmer-Schlumpf kündigte an, dass die Regierung im Rahmen der OECD aktiv an einem Standard für den Informationsaustausch mitarbeiten wolle. Das Einschwenken der Schweiz auf den automatischen Informationsaustausch (AIA) sei ein erster wichtiger Schritt, sagte Pascal Saint-Amans, Steuerchef der OECD, im Interview mit der «NZZ am Sonntag».
Allerdings könne die Schweiz für eine Lösung für die unversteuerten Gelder der Vergangenheit «keine Geschenke erwarten», stellte Saint-Amans klar. Wenn die Schweiz vor drei Jahren den AIA mit der Bedingung vorgeschlagen hätte, dass eine Lösung für die unversteuerten Gelder der Vergangenheit gefunden werde, so wäre sie damit laut Saint-Amans sofort erfolgreich gewesen. Heute aber führten alle wichtigen Länder den Austausch ein, oder würden sich zumindest dafür aussprechen.
«Da wird es natürlich schwierig, als Gegenleistung ein Geschenk in Sachen Regelung der Vergangenheit zu erhalten», sagte Saint-Amans. Alle Partner wüssten das und die Schweiz könne keine Sonderlösung erwarten. Ähnlich äusserte sich Anfang letzter Woche der EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta. Es gebe keine Gegenleistung zum automatischen Informationsaustausch.
Schweiz soll auch mit EU über AIA verhandeln
Trotzdem findet Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz, dass die Schweiz nicht nur mit der OECD, sondern auch mit der EU über einen AIA verhandeln soll. «Mit den EU-Staaten müssen wir das Problem der unversteuerten Gelder aus der Vergangenheit lösen. Das ist viel einfacher, wenn wir eine Lösung für die Zukunft haben», sagte Vincenz gegenüber dem «SonntagsBlick.»
Anderer Meinung ist Finanzprofessor Martin Janssen. Die Schweiz müsse den automatischen Informationsaustausch mit der OECD diskutieren, nicht mit der EU, sagte er in der Samstagsausgabe der Genfer Zeitung «Le Temps.» «Es wäre unsinnig, die Frage des AIA mit der EU anzugehen, so lange andere wichtige Finanzplätze wie die USA ihn noch nicht anwenden», sagte Janssen. (awp/mc/ps)
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