Zürich – Zweite Coronawelle hin oder her: Der weltgrösste Schokoladenhersteller Barry Callebaut stellt sich auf eine anhaltende Erholung ein. Die neuerlichen Schutzmassnahmen dürften laut Unternehmenschef Antoine de Saint-Affrique die Schokoladenverkäufe weit weniger stark beeinträchtigen als noch im Frühjahr.
Von März bis Mai – auf dem Höhepunkt der Pandemie – waren die Schokoladen- und Kakaoverkäufe von Barry Callebaut um 14 Prozent eingebrochen. Doch über den Sommer dämmten sich die Einbussen nun auf noch 4,3 Prozent ein, wie Barry Callebaut am Mittwoch im Rahmen der Zahlenvorlage meldete.
Im Gesamtjahr des Ende August abgelaufenen Geschäftsjahres 2019/20 ergab sich damit aufgrund des guten ersten Halbjahres insgesamt ein Minus von 2,0 Prozent auf 2,1 Millionen Tonnen. «Das ist der erste Rückgang seit über einer Dekade», sagte Finanzchef Remco Steenbergen, der Ende Jahr zur Lufthansa wechselt. «Und wir sind fest überzeugt, dass das eine Ausnahme bleibt.»
Wachstum mit Auslagerungsgeschäft
«Ich bin stolz auf unsere soliden Resultate», sagte BC-Chef de Saint-Affrique. Und er zeigte sich zuversichtlich, die neu gesteckten Mittelfristziele zu erreichen. Diese wurden erst noch mit den Neunmonatszahlen angehoben: Für die Dreijahresperiode ab dem Geschäftsjahr 2020/21 will das Unternehmen seine Verkaufsmenge jährlich im Schnitt um 5 bis 7 Prozent steigern, davor wurde noch ein Wert von 4 bis 6 Prozent angestrebt.
Die Erholung werde die Erholung mit zwei Geschwindigkeiten verlaufen, sagte de Saint-Affrique: Das Geschäft mit Industriekunden werde sich weiter schneller erholen. Dieses hatte sich im Gesamtjahr 2019/20 auf dem Vorjahresniveau gehalten.
Tatsächlich sieht sich Barry Callebaut hier wegen der Pandemie sogar etwas im Vorteil: Viele Kunden würden die Pandemie zum Anlass nehmen, ihr Geschäftsmodell zu überdenken, so der BC-Chef. Und da könnte es durchaus sein, dass vermehrt Unternehmen ihre Schokoladenproduktion an Barry Callebaut auslagern werden. Zwei neue Aufträge hat BC in diesem Sommer schon an Land gezogen. Derzeit liefen zahlreiche weitere Gespräche.
Weniger strikte Lockdowns
Auf der anderen Seite dürfte das Geschäft mit der Belieferung von Restaurants, Hotels oder Chocolatiers (Gourmet & Spezialitäten) etwas langsamer zur alten Stärke zurückfinden. Dieses leidet darunter, dass die Menschen vermehrt zu Hause bleiben. «Es wird zur Normalität zurückkehren, sobald Impfungen breit erhältlich sind», sagte der BC-Chef.
Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass die Erholung auch durch die zweite Welle in Europa nicht abgewürgt wird. Diese verlaufe nämlich anders als die erste: Man habe inzwischen viel gelernt. Auch seien die Lockdowns kürzer und weniger strikt. Alle arbeiteten auf das Ziel hin, dass auf Weihnachten hin alles so gut wie möglich funktioniere.
Weniger Gewinn und Dividende
Die Erholung des Gourmet- und Spezialitätengeschäfts ist auch für die Profitabilität von Barry Callebaut zentral, weil es mit seinen hohen Margen lukrativ ist. Im Geschäftsjahr 2019/20 hatten die Einbussen stark auf den Gewinn gedrückt. Dazu kamen negative Währungseffekte im Umfang von 29 Millionen Franken.
Der wiederkehrende Betriebsgewinn auf Stufe EBIT sank um fast einen Fünftel auf 491,0 Millionen Franken, wobei Kosten für eine Fabrikschliessung in Indonesien von 7,8 Millionen Franken herausgerechnet sind. Gemäss den geltenden Mittelfristzielen peilt BC in den nächsten drei Jahren an, den EBIT stärker zu steigern als das Volumenwachstum.
Unter dem Strich blieb im vergangenen Geschäftsjahr ein Konzerngewinn von 311 Millionen Franken. Das sind 15,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Auch die Aktionäre müssen daher mit einer geringeren Dividende auskommen: Sie erhalten 22,00 Franken pro Aktie, im Vorjahr wurden 26 Franken pro Aktie ausgeschüttet.
An der Börse kamen die Zahlen von Barry Callebaut und insbesondere die Erholung im Schlussquartal zuerst gut an. Am Nachmittag gaben die Titel aber nach und schlossen letztlich 0.1% im Minus bei 1992 Franken. (awp/mc/pg)