Bern – Der Rahmenvertrag mit der EU erhält Beistand aus der Wirtschaft. Eine bessere Lösung sei nicht in Sicht, sagte Swissmem-Präsident Hans Hess. Ex-SNB-Präsident Philipp Hildebrand rät derweil, die Schweiz müsse sich auch auf einen Bruch mit der EU vorbereiten.
Der nun im Wortlaut vorliegende Rahmenvertrag mit der EU sei auf die Bedürfnisse der Schweiz massgeschneidert, sagte der Präsident der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (Swissmem), Hans Hess, in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Donnerstag. «Ich glaube nicht, dass wir in drei oder vier Jahren einen besseren Vertrag aushandeln würden.»
Exportwirtschaft braucht neue Marktzugangsabkommen
Hess will sich «mit ganzer Kraft» dafür einsetzen, dass der bilaterale Weg eine Zukunft hat. Insbesondere die Exportwirtschaft brauche dringend neue Marktzugangsabkommen. Und die Schweiz sei darauf angewiesen, dass die bestehenden bilateralen Verträge weiterentwickelt werden können. «Ohne Rahmenabkommen wird der bilaterale Weg langsam wegbrechen, und dieser Preis ist für die Schweiz eindeutig zu hoch.»
Gewerkschaften und Verbände ermuntert er dazu, den Blick mehr auf das grosse Ganze zu richten. «Die Wirtschaft steht geschlossen hinter dem bilateralen Weg.» Für ein Rahmenabkommen sprechen nach Auffassung von Hess der nahezu diskriminierungsfreie Zugang zum EU-Binnenmarkt, die Rechtssicherheit etwa bei der Börsenäquivalenz oder den technischen Handelshemmnissen sowie die Möglichkeit für weitere Marktabkommen beispielsweise im Strombereich.
Hildebrand: Zeit spielt für die Schweiz
Der von 2010 bis 2012 als Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) tätige Philipp Hildebrand sieht beim Rahmenvertrag grosse politische Schwierigkeiten für eine Ratifizierung – vor allem wegen des Lohnschutzes und der Zuwanderung. Er kritisiert in einem ebenfalls am Donnerstag publizierten Interview der Zeitungen von Tamedia die Landesregierung. «Ich bin schon etwas erstaunt, dass der Bundesrat dieses Dokument ohne grosse Erläuterung veröffentlicht hat. Einfach nicht Stellung zu nehmen, ist sicher auf Dauer keine Option.»
Ähnlich wie beim Brexit hält es der 55-jährige Hildebrand für möglich, dass es zu keiner Einigung der Schweiz und der EU kommt: Die Schweiz sollte sich seiner Meinung nach «auf den Worst Case eines Bruches mit der EU vorbereiten». Man könne nicht einfach davon ausgehen, dass es schon gut komme, wenn die Schweiz den vorliegenden Rahmenvertrag ablehne.
Hildebrand weist aber darauf hin, dass die Zeit für die Schweiz spiele, denn die EU habe die gleichen Probleme wie die Schweiz. «Die Europäer merken selbst, dass es Unternehmen aus dem Ausland gibt, die mit extrem tiefen Löhnen den heimischen Anbietern Konkurrenz machen. Daher wird es Bewegung in dieser Thematik geben.» Auch die Fragen, ob und wie Einwanderer sofort soziale Hilfen bekommen dürfen, und wie Zuwanderung gesteuert wird, werde in Europa wohl neu geregelt. (awp/mc/pg)