Bern – Die konstante Abnahme der Fallzahlen motiviert den Bundesrat zu weiteren Lockerungen im Umgang mit dem Coronavirus. Ältere Personen sollen sich vorsichtig wieder normal bewegen dürfen. Zudem werden die strengen Empfehlungen für Altersheimbesuche bald entschärft.
Gesundheitsminister Alain Berset sprach am Freitag vor den Bundeshausmedien von einer «absolut zufriedenstellenden Entwicklung» der epidemiologischen Lage. Das Virus sei nach wie vor da, die Krankheitsfälle nähmen aber ab. Deshalb seien Lockerungen auch für Risikopersonen vertretbar. Alle sollten sich aber pragmatisch verhalten.
«Wir kommen in eine neue Phase», sagte der Gesundheitsminister im Hinblick auf weitere Lockerungen ab kommendem Montag. Es gebe gute Nachrichten für jene, die mit dem Sport beginnen, grössere Einkäufe erledigen oder eben ältere Menschen treffen wollten. «Man darf sich freuen.»
Symptome ernst nehmen
Laut Daniel Koch, Covid-19-Delegierter des Bundesamts für Gesundheit (BAG), werden die konkreten Empfehlungen für Risikogruppen und bezüglich Altersheime in den nächsten Tagen publiziert. Die Umsetzung sei aber Aufgabe der Kantone. Aktuell sind Besuche in Altersheimen flächendeckend verboten.
Bei Symptomen testen lassen
Die wichtigste Verantwortung hätten ab sofort Personen, bei welchen Symptome auftreten würden. «Sie sollen sich beim Hausarzt melden, damit getestet werden kann», sagte Koch. Man wolle nun jeden einzelnen Fall erfassen, Kontaktpersonen finden und in Quarantäne setzen. «Wenn das gelingt, werden die Fallzahlen weiter sinken.»
App frühestens im Juni
Das Virus bestimme das Tempo von weiteren Lockerungen, sagte Berset. «Wir haben eine Rückkehr zur Normalität, aber eine Art neue Normalität.» Zu dieser soll auch die seit längerem diskutierte Corona-Tracing-App gehören. Der Bund startet nächste Woche eine Pilotphase mit ausgewählten Personengruppen, wie Berset sagte. Dazu werde der Bundesrat nächste Woche eine befristete Verordnung erlassen. Die gesetzlichen Grundlagen sollen in der Sommersession vom Parlament verabschiedet werden. Das heisst aber auch, dass die Rückverfolgung von Corona-Fällen per App frühestens im Juni regulär zum Einsatz kommen wird.
Bis zum 20. Mai werde der Bundesrat eine dringende Botschaft zuhanden des Parlaments verabschieden, sagte Berset. Dazu werde der Bundesrat das Epidemiengesetz entsprechend ergänzen.
Daten nach drei Wochen gelöscht
Die von den beiden ETH und vom Bund entwickelte App soll helfen, Infektionsketten zu unterbrechen. Sie soll ihre Nutzer informieren, wenn sie zu lange in der Nähe von infizierten Personen gestanden sind. Die Nutzung der App ist laut dem Bundesrat freiwillig. Es würden keine Personendaten oder Ortsangaben der App-Nutzer verwendet. Alle Daten der App würden nach 21 Tagen laufend gelöscht. Die Applikation ergänzt das Contact-Tracing, das die Kantone ab nächster Woche wieder flächendeckend durchführen.
Freiwillige Registrierung in Restaurants
Ab kommendem Montag dürfen auch Restaurants wieder öffnen. Der Bundesrat verabschiedete dazu am Freitag die Änderungen in der Covid-19-Verordnung. Wie bereits kommuniziert, sind an einem Tisch maximal vier Personen oder Eltern mit Kindern erlaubt. Alle Gäste müssen sitzen. Zwischen den Tischen sind zwei Meter Abstand oder trennende Elemente nötig.
Um auch in den Restaurants das Contact-Tracing zu ermöglichen, sollen von jeder Gästegruppe die Kontaktdaten einer Person erfasst werden. Diese Angaben sind freiwillig, wie der Bundesrat noch einmal betonte. In Kantonen mit Bewirtungspflicht dürften Restaurantbetreiber keine Gäste ausschliessen, die ihre Daten nicht angeben wollen. «Wir haben bisher stark mit Eigenverantwortung gearbeitet, das hat gut funktioniert», sagte Berset.
Kita-Hilfe soll rückwirkend gelten
Der Bundesrat hat weiter entschieden, Kitas und Krippen, die wegen der Corona-Krise Ertragsausfälle haben, mit 65 Millionen Franken zu unterstützen. Das entspricht einem Auftrag des Parlaments. Der Bundesrat wollte zunächst auf eine entsprechende Finanzspritze verzichten. Nun wird er bis am 20. Mai in einer Verordnung festlegen, wie diese Kita-Hilfe im Detail aussieht.
Der Bund übernimmt ein Drittel der Kosten der Kantone. Diese entschädigen die Institutionen für entgangene Betreuungsbeiträge der Eltern. Die Verordnung soll für sechs Monate gelten, rückwirkend ab dem 17. März.
Grenzregime wird gelockert
Schliesslich hat der Bundesrat die vor einer Woche beschlossenen Lockerungen bei den Einreise- und Zulassungsbeschränkungen in verschiedenen Verordnungen konkretisiert. Zunächst sollen bereits früher eingereichte Gesuche von Erwerbstätigen aus dem EU/Efta-Raum und aus Drittstaaten bearbeitet werden. Auch Gesuche von Personen aus der EU/Efta mit einem Vertrag, der bereits vor der Krise abgeschlossen wurde, sollen geprüft werden.
Für Schweizer Bürgerinnen und Bürger sowie für EU/Efta-Staatsangehörige soll zudem der Familiennachzug in die Schweiz wieder möglich sein. Die Kontrollen an der Grenze werden weitergeführt. Grenzübergänge werden in Absprache mit den in- und ausländischen Partnerbehörden geöffnet und entsprechend kommuniziert. Die Änderungen treten am nächsten Montag in Kraft. (awp/mc/pg)