«KPMG Forensic Fraud Barometer»: Durch Angestellte mit Kaderfunktion verursachte Gesamtschadenshöhe stark gestiegen.
Zürich – Die Anzahl der Fälle wie auch die Gesamtschadenshöhe von Wirtschaftsdelikten sind in der Schweiz im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken. Stark gestiegen ist hingegen die durch Angestellte mit Kaderfunktion verursachte Gesamtschadenshöhe. Investoren und Finanzinstitute haben von allen erfassten Opfergruppen die höchsten Schäden erlitten. Dies zeigt das diesjährige «Forensic Fraud Barometer» von KPMG.
Die Schweizer Gerichte schlossen im Jahr 2012 insgesamt 64 Fälle von Wirtschaftskriminalität ab. Im Vergleich zum Vorjahr (69 Fälle) entspricht dies einem Rückgang von 7,3%. Auch die Gesamtschadenshöhe ist gegenüber dem letzten Jahr um 4,3% auf nunmehr CHF 497,5 Mio. leicht gesunken. Gestiegen ist hingegen der durchschnittliche Schaden; von CHF 7,5 Mio. im Jahre 2011 auf CHF 7,8 Mio. im 2012. Die meisten Fälle handelten von Veruntreuung (18 Fälle) und ungetreue Geschäftsbesorgung (11 Fälle). Als häufigsten Verwendungszweck der kriminell erlangten Vermögenswerte nannten die Täter die Finanzierung ihres Lebenswandels (inklusive Beschaffung von Luxusgütern) und die Überbrückung von Finanzierungslücken.
Zunahme der Fälle in Zürich
Die meisten Fälle von Wirtschaftskriminalität wurden vor Gerichten im Kanton Zürich behandelt. Die Anzahl der Fälle der Region stieg im letzten Jahr gegenüber 2011 von 23 auf 30 (+30,4%). Die Finanzmetropole belegt im Regionen-Vergleich auch bezüglich des Gesamtschadens (CHF 178,7 Mio.) den ersten Platz. Die zweithöchste Gesamtschadenssumme (CHF 132,5 Mio.) wurde 2012 in der Zentralschweiz registriert, während die Ostschweiz trotz einer hohen Anzahl Fälle die zweitniedrigste Schadenssumme aufweist.
Höchstes Schadensvolumen in der Zentralschweiz
Während die Genferseergion im Vorjahr das höchste durchschnittliche Schadensvolumen verzeichnete, ist dieses Jahr die Zentralschweiz in dieser Kategorie führend. In den vier aus der Zentralschweiz berichteten Fällen entstand ein durchschnittlicher Schaden von CHF 33,1 Mio. Aus derselben Region wird denn auch der höchste verurteilte Schadensfall berichtet. Dabei ging es um Betrug und Geldwäscherei mit einem Gesamtschaden von CHF 72,2 Mio. Das Obergericht verurteilte den Hauptangeklagten angesichts des schwerwiegenden Verschuldens zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen.
Wieder mehr kriminelle Manager
Nachdem 2011 vor den Gerichten noch fünf Angestellte mit Kaderfunktion wegen Wirtschaftsstraftaten verurteilet wurden, stieg ihre Anzahl 2012 auf insgesamt 24. Damit wurde auch das Niveau von 2010 (15 Fälle) nochmals übertroffen. Die Schadenssumme der in 2012 abgeschlossenen Fälle belief sich gesamthaft auf CHF 273,0 Mio., was gegenüber dem Vorjahr mit CHF 8,9 Mio. ebenfalls eine deutlichen Steigerung ist. Die Anzahl der für Wirtschaftsdelikte verurteilten Angestellten ohne Kaderfunktion sank demgegenüber 2012 deutlich um 45%.
Gewerbsmässige Betrüger auf dem Vormarsch
Ebenfalls gestiegen ist die Anzahl der Fälle in der Täterkategorie der gewerbsmässigen Betrüger. Diese verdoppelte sich gegenüber dem Vorjahr von sechs auf zwölf. Sie verursachten damit den landesweit zweithöchsten Gesamtschaden von CHF 155,0 Mio. Was die Schadenshöhe betrifft, führen sie hingegen mit einem durchschnittlichen Schadenswert von CHF 17,2 Mio. die Statistik an. Verglichen mit dem Vorjahr entspricht dies einer Steigerung von 31% und übertrifft auch den Durchschnitt der Tätergruppe Management (CHF 11,3 Mio.).
Investoren am meisten geschädigt
Wie schon im vergangen Jahr, war auch dieses Jahr die Kategorie der Investoren die von Wirtschaftskriminalität am meisten betroffene Opfergruppe. In 22 % aller erfassten abgeschlossenen Gerichtsfälle waren sie als Geschädigte vertreten und mussten eine durchschnittliche Schadenssumme von CHF 22,3 Mio. verkraften. Als zweithäufigstes wurden die Finanzinstitute Opfer von Wirtschaftskriminalität. Auf sie entfielen insgesamt 11 Fälle mit einer durchschnittlichen Schadenssumme von CHF 6,4 Mio. Die öffentliche Hand verzeichnete erneut einen deutlichen Rückgang, was die Schadenshöhe betrifft. Mit insgesamt CHF 3,4 Mio. und einer durchschnittlichen Schadenshöhe von CHF 0,3 Mio. waren sie 2012 die am wenigsten geschädigte Opfergruppe.
Nicht alle Fälle vor Gericht
Es zeigt sich in der Praxis, dass die von Wirtschaftskriminalität betroffenen Unternehmen lange nicht alle Fälle vor Gereicht bringen. KPMG geht deshalb von einer hohen Dunkelziffer aus und rechnet damit, dass die Anzahl Fälle insgesamt weiter steigen wird. Dies insbesondere auch deshalb, weil Wirtschaftsdelikte meist erst nach 2-3 Jahren aufgedeckt werden und von einer Häufung der Fälle im Zeitraum der Finanz- und Wirtschaftskrise ausgegangen werden kann. (KPMG/mc/ps)
Methodologie
Das «KPMG Forensic Fraud Barometer» beruht auf Wirtschaftskriminalitäts-Fällen mit einem Schadensbetrag von mindestens CHF 50’000, welche im Berichtsjahr vor einem Schweizer Strafgericht abgeschlossen wurden und über welche in den wichtigsten Schweizer Tages- und Wochenzeitungen berichtet wurde.
Über KPMG
Die Tätigkeiten von KPMG Schweiz sind in der KPMG Holding AG (dem Schweizer Mitglied des KPMG Netzwerks rechtlich unabhängiger Firmen, die KPMG International Cooperative, «KPMG International» angeschlossen sind) zusammengefasst. In der Schweiz gehört KPMG mit rund 1’600 Mitarbeitenden an 11 Standorten zu den führenden Anbietern von Audit, Tax und Advisory: Audit zur Schaffung von Transparenz und Vertrauen im Zeichen der Corporate Governance, Tax und Advisory Services für eine erfolgreiche und ganzheitliche Unternehmensführung. KPMG Schweiz erwirtschaftete 2012 einen Betriebsertrag von CHF 429 Mio.