Bern – Die Gegner der Biodiversitätsinitiative haben am Sonntag mit Genugtuung auf das Nein reagiert. Eine Gefahr für Landwirtschaft, Ausbau erneuerbarer Energien und Bauwirtschaft sei abgewendet. Die Befürworter wiesen darauf hin, dass das Artensterben weitergeht. Bei den Versprechen zum Biodiversitätsschutz fordern sie von Bundesrat und Parlament den Tatbeweis.
Für den Schweizerischen Bauernverband erkannte die Stimmbevölkerung die negativen Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Bauwirtschaft. Sein Direktor Martin Rufer erklärte, der Landwirtschaft dürften keine Biodiversitätsflächen mehr entzogen werden. Für die Biodiversität werde viel getan. Qualität müsse vor Menge gehen.
Die SVP hielt fest, die Zuwanderung und die damit einhergehende Zubetonierung der Landschaft seien die wahre Bedrohung für die Natur. Das hätten die Initianten verschwiegen. Die linksgrünen Parteien wollten diese Zuwanderung und gleichzeitig die Biodiversitätsinitiative. Das sei verlogen. Das Stimmvolk habe genug von «grüner Besserwisserei».
Stromgesetz gefährdet
Die Stimmbevölkerung habe das Anliegen durchschaut, schrieb die FDP. Auch ihr sei die Biodiversität wichtig, die Initiative hätte das Ziel aber verfehlt. Sie hätte die Entwicklung der Berggebiete verhindert und das Bauen verteuert. Zudem hätte sie die Umsetzung des Stromgesetzes aufs Spiel gesetzt, sagte Nationalrätin Jacqueline de Quattro (FDP/VD) von der Nein-Allianz.
Die Mitte-Partei hielt fest, die Initiative hätte der Lebensmittelversorgung, der Versorgungssicherheit und der Bereitstellung erneuerbarer Energien geschadet. Der gesamte ländliche Raum wäre in seiner Entwicklung gelähmt worden.
Der Schweizerische Gewerbeverband schrieb, eine Annahme hätte dem Gewerbe geschadet. Der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband teilte mit, die Initiative hätte den Ausbau der erneuerbaren Energien und besonders der Wasserkraft stark behindert.
Investitionen in den Klimaschutz
Die SP bedauerte das Nein und forderte grosse öffentliche Investitionen und den ökologischen Umbau in Richtung erneuerbare Energien, wie sie die gemeinsam mit den Grünen lancierte Klimafonds-Initiative vorsieht. Die Ablehnung verhindere wichtige Fortschritte in Natur- und Tierschutz.
Das Problem, dass ein Drittel aller Arten und die Hälfte der Lebensräume in der Schweiz bedroht seien, sei mit dem Nein nicht verschwunden, schrieben die Grünen. Der Bundesrat müsse zu seinem Versprechen stehen, die Biodiversität im Rahmen der bestehenden Gesetze zu schützen.
Grünen-Fraktionschefin Aline Trede (BE) warf der Gegnerschaft einen Abstimmungskampf mit falschen Behauptungen vor. Die jungen Grünen nannten dabei die Falschaussage, wonach 30 Prozent der Landesfläche zu Schutzflächen würden.
Von einer verlorenen Chance für das Naturerbe der Schweiz schrieb die Grünliberale Partei. Sie werde sich weiterhin für das Miteinander von Biodiversitätsschutz und wirtschaftlicher Entwicklung einsetzen. Die Evangelische Volkspartei teilte mit, die Bedrohung der Lebensgrundlagen sei weiterhin nicht unter Kontrolle.
Die Trägerschaft der Initiative machte geltend, die aktuellen Massnahmen reichten zur Sicherung der Artenvielfalt nicht aus. Auch die Wissenschaft bestätige den Handlungsbedarf. Der nächste Schritt müsse ein zweiter, wirksamer Aktionsplan des Bundesrats sein. (awp/mc/pg)