Bern/Brüssel – Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über die künftigen Beziehungen kommen in Gang. Bis Ende Juni will der Bundesrat die Eckwerte eines Verhandlungsmandats erarbeiten, wie er am Mittwoch mitteilte.
In den Gesprächen mit der EU stellt die Landesregierung eine «positive Dynamik» fest, wie sie in seiner Mitteilung schreibt. Nun gehe es darum, «für die noch offenen Fragen Lösungen zu erarbeiten, um die gemeinsame Basis für die Vorbereitung eines Verhandlungsmandats festzulegen».
Dazu wird Staatssekretärin Livia Leu am 20. April nach Brüssel reisen, um ihren Verhandlungspartner der EU, Juraj Nociar, zu treffen. Es handelt sich um die neunte Sondierungsrunde.
Als Grundlage der Gespräche dient laut Bundesrat weiterhin der von ihm vorgeschlagene Paketansatz, bei dem die institutionellen Fragen in den einzelnen Abkommen festgeschrieben sind. Zudem soll das Paket neue Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit enthalten. Dieser Ansatz ermögliche einen breiten Interessenausgleich und erhöhe die Erfolgsaussichten bei einer allfälligen späteren Verhandlung.
Lösungsansätze definiert
Die Landesregierung begrüsst zudem die einstimmige Stellungnahme der Kantone zur Europapolitik vom vergangenen Freitag. Mit diesem Votum stärkten alle 26 Kantonsregierungen dem Bundesrat den Rücken für Verhandlungen mit der EU.
Zudem habe der Dialog mit den Kantonen es ermöglicht, für die staatlichen Beihilfen und die Zuwanderung «Lösungsansätze zu definieren, die zu einem gemeinsamen Verständnis mit der EU geführt haben». Diese würden nun weiter verfeinert.
In der Frage des Lohnschutzes beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) zusammen mit den Sozialpartnern und den Kantonen Vorschläge zu erarbeiten, wie das aktuelle Schutzniveau auf dem Arbeitsmarkt abgesichert werden kann. Auch wurden die zuständigen Departemente beauftragt, die noch offenen Fragen in Bezug auf Strom, Landverkehr und Gesundheit zu klären.
Sefcovics Schweiz-Besuch
Bereits bei seinem Schweiz-Besuch Mitte März hatte der für das Schweiz-Dossier verantwortliche Vizepräsident der EU-Kommission, Maros Sefcovic, nach eigenen Angaben den Willen seiner Gesprächspartner gespürt, eine Lösung zu finden. Der EU-Kommissar hatte damals Aussenminister Ignazio Cassis, Aussenpolitiker sowie Vertreterinnen und Vertreter der Kantone und Sozialpartner getroffen.
Nun müsse man dieses «positive Momentum» nutzen und die Sondierungsgespräche so schnell wie möglich beenden, hatte er damals gefordert.
Denn die Zeit für Verhandlungen ist begrenzt, soll ein Abkommen mit der EU nicht auf der langen Bank landen. Sefcovic hatte dies damals mit den Europa-Wahlen im Mai 2024 begründet. Denn dann läuft der politische Betrieb in den Brüsseler EU-Institutionen nur noch eingeschränkt. Er hoffe daher, so der Slowake, die Verhandlungen könnten bis spätestens Sommer 2024 abgeschlossen sein.
Unterstützung aus der Bevölkerung
Eine kürzlich durchgeführte Umfrage des Forschungsinstituts GFS Bern zeigt, dass auch in der Bevölkerung die Unterstützung des bilateralen Wegs in letzter Zeit gestiegen ist. Eine Mehrheit von 59 Prozent sah zuletzt hauptsächlich Vorteile im bilateralen Weg.
Doch auch EU-skeptische Stimmen sind zu hören. Urs Wietlisbach, Mitgründer von Kompass Europa, etwa glaubt, dass die Positionen zwischen der Schweiz und der EU immer noch zu weit auseinanderliegen, wie er kürzlich in der «Neuen Zürcher Zeitung» sagte. «Wenn die Positionen zu weit auseinanderliegen, lässt man die Verhandlung besser eine Zeitlang ruhen.» (awp/mc/pg)