Bislang keine «Übersterblichkeit» bei Unternehmen in Coronakrise

Bislang keine «Übersterblichkeit» bei Unternehmen in Coronakrise
(Adobe Stock)

Zürich – Trotz Coronakrise und Lockdown ist das grosse Firmensterben in der Schweiz bislang ausgeblieben. Tatsächlich beobachtet die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich eher eine «Untersterblichkeit» bei Firmen. Das dürfte sich noch ändern, doch mit einer Konkurswelle im eigentlichen Sinne rechnen die Ökonomen nicht.

In der ersten Jahreshälfte ist es bekanntlich in der Schweiz zu weniger statt mehr Konkursen als im Vorjahr gekommen. Was das genau heisst, haben KOF-Forscher in Kooperation mit Bisnode D&B analysiert, wie sie am Montag mitteilten. Dazu übertrugen sie das Konzept der Übersterblichkeit beim Menschen auf die Firmenkonkurse.

Starke Schwankungen
Die Konkurszahlen schwanken nämlich von Monat zu Monat sehr stark, was die Einschätzung erschwert, wie die KOF-Forscher in einem Blogbeitrag auf «Oekonomenstimme.org» schreiben. Gibt es etwa Anlass zur Sorge, dass die Zahl der Firmenpleiten im Juni deutlich grösser war als die Konkursanzahl im Schnitt aller Juni-Monate der vergangenen 20 Jahre?

Um solche Fragen zu beantworten, ermittelten die Forscher aus den Zeitreihen zu den Firmenkonkursen einen mittelfristigen Trend und einen Schwankungsbereich um den Trend herum. Zudem bereinigten sie die Konkurszahlen um Saisoneffekte. Der Unterschied zwischen der saisonbereinigten Konkursanzahl und der trendmässig erwarteten Anzahl an Konkursen bezeichnen sie als Übersterblichkeit beziehungsweise Untersterblichkeit.

Detailhandel stärker betroffen
Das Ergebnis für das erste Halbjahr: Statt einer Übersterblichkeit stellten die Ökonomen eine deutliche Untersterblichkeit fest. So war die Zahl der Konkurse zwischen März und Juli durchschnittlich um mehr als einen Fünftel niedriger als in derselben Vorjahresperiode. Der Grund dafür dürfte laut KOF in den während der Krise ergriffenen Stützungsmassnahmen liegen – dem erleichterten Zugang zu Kurzarbeit oder dem Kreditprogramm etwa.

Überraschenderweise waren auch das Gastgewerbe sowie die Freizeit- und Unterhaltungsindustrie wenig betroffen, weder absolut noch relativ im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen, wie die KOF-Forscher festhalten. Einzig im Gross- und Detailhandel stellten die Forscher einen stärkeren Effekt auf die Konkurshäufigkeit fest. Das Gastgewerbe habe sicher im Rahmen des Kreditprogramms des Bundes mehr Kredit aufgenommen als andere Branchen, sagte KOF-Ökonom Florian Eckert gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Es sei aber schwierig zu sagen, ob das der einzige Faktor gewesen sei.

Eine Entwarnung bezüglich den Firmenkonkursen kann die KOF zudem nicht abgeben. «Ein Teil wird sicher nun im Herbst aufgeholt werden», sagte Eckert. Vergangene Wirtschaftskrisen zeigten, dass es jeweils zeitverzögert zu Konkursen komme. Allerdings habe es jeweils keine abrupte, sondern eine graduelle Zunahme der Konkurshäufigkeit gegeben. Der Schweiz droht also durchaus noch eine Übersterblichkeit bei den Unternehmen – aber wohl eher keine eigentliche Konkurswelle. (awp/mc/ps)

KOF

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