BKW trotzt Marktturbulenzen und ist gegen Rettungsschirm
Bern – Trotz der starken Verwerfungen an den Energiemärkten hält der Berner Energiekonzern BKW nichts von dem nun aktivierten Rettungsschirm des Bundes für systemrelevante Stromversorger, zu denen auch er gehört. Das liegt auch daran, dass das Geschäft ganz anders aufgebaut ist als etwa das der Axpo oder von Alpiq.
Im ersten Semester steigerte die BKW die Gesamtleistung im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent auf ganze 2,3 Milliarden Franken. Das lag vor allem am Wachstum im Energiegeschäft, aber auch der Umsatz im Dienstleistungsgeschäft sei dank guter Auftragslage und Akquisitionen deutlich gestiegen.
Unter dem Strich ging der Gewinn zwar um deutliche 66 Prozent auf 71 Millionen Franken zurück. Das lag aber an der Performance der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds, welche im Vorjahreszeitraum gute Renditen abgeworfen hatten. Diese kann die BKW selbst nicht beeinflussen. Bereinigt um die Performance der AKW-Fonds wird machte die BKW einen Gewinn von 191 Millionen Franken, was ein Anstieg um 35 Prozent war.
Kleineres Handelsgeschäft
Die BKW bestätigte derweil auch die Prognose für das Gesamtjahr und rechnet weiterhin mit einem deutlich höheren Betriebsergebnis als 2021. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte des laufenden Jahres sei aber mit grosser Unsicherheit behaftet, hiess es.
Die Berner sind aber von den Entwicklungen an den europäischen Energiemärkten weniger stark abhängig – im Vergleich zu Axpo oder Alpiq als Stromproduzenten ohne Endkundengeschäft in der Schweiz. Die BKW ist breiter aufgestellt, und das Handelsgeschäft an sich ist kleiner. Gleichzeitig seien angesichts der Verwerfungen auch die Risiken im Handelsgeschäft zurückgefahren worden, sagte Finanzchef Ronald Trächsel an einer Medienkonferenz.
Als reiner Stromproduzent sei man «gezwungen, short zu gehen», kommentierte er das Geschäft anderer Mitbewerber. Das heisst: In der Branche ist es üblich, einen grossen Anteil der Stromproduktion für die kommenden drei Jahre bereits im Voraus zu verkaufen. Damit werden die Einnahmen gesichert.
Dafür birgt die Absicherung aber auch das Risiko, bei einem Ausfall eines Kraftwerks weniger Strom zur Verfügung zu haben als geplant und dann Ersatzstrom am Markt beschaffen zu müssen. Bei hohen Preisen – wie aktuell der Fall – kann das sehr teuer werden.
Die BKW habe jedoch auch Endkunden, was ihr mehr Flexibilität verschaffe, sagte Trächsel weiter. Konkret heisst das, die BKW muss weniger des produzierten Stroms im Voraus am Markt verkaufen. Die Haushalte, welche versorgt werden, müssen schliesslich auch bedient werden.
Grundversorgung durch Produktion gedeckt
Gleichzeitig ist die BKW auch bei der Versorgung der Endkunden in ihrem Netzgebiet nicht so starken Marktrisiken ausgesetzt, weil sie den Konsum mit Strom aus den eigenen Kraftwerken komplett abdecken kann. Das zeigt sich auch an den Stromtarifen für das kommende Jahr.
Während es bei anderen Schweizer Stromversorgern im nächsten Jahr zu massiven Erhöhungen kommt, steigen die Preise bei der BKW lediglich leicht an. Und das liegt allein an den höheren Kosten für die Nutzung des Übertragungsnetzes, welche die BKW an die Kunden weiterreicht. Die Kosten für die Stromproduktion bleiben derweil stabil.
Angesichts dieser Gemengelage betont das Management der BKW, dass die Gesellschaft keine Staatshilfe in Anspruch nehmen werde. Den Rettungsschirm für systemrelevante Energieunternehmen sieht sie nach wie vor sehr kritisch. Das sei nicht das richtige Mittel, sagte Trächsel. Wenn ein Unternehmen unterstützt werden müsse, sei man nicht dagegen, sagte er weiter. Man sollte aber nicht andere mit in Haft nehmen.
Mit einem am Vortag durch den Bundesrat aktivierten Rettungsschirm soll verhindert werden, dass systemkritische Schweizer Energieversorger wegen der Turbulenzen an den Energiemärkten in Liquiditätsprobleme geraten. Denn Stromhändler müssen an den Energiebörsen höhere Sicherheiten hinterlegen, wenn die Preise steigen. Die Grosshandelspreise für Strom haben sich innert Jahresfrist verzehnfacht, und die Preisschwankungen haben in den vergangenen Tagen neue Rekorde erreicht. (awp/mc/ps)